Wie Kunst wirksam wird
[Anmerkung zu
diesem Artikel Brocks, der in gewissen Kreisen des post-modernen
Kufr
einige Positionen darstellt; Brock hat hat sich kurz im
Rettungskomplett
versucht,
doch ist er beim Schürfen im
Basistunnel,
während eines Vortrags auf seinen eigenen
Kufr gestossen und
daraufhin rutschte aus seinem Mund sein versteckter Rassismus, in
dem er sagte: "Muslime
und andere Völker Afrikas, seien
Affen". Nichts desto weniger ist seine folgende Darstellung eine
gute Erklärung dafür, wie im Kern des
Demokratismus
der Selbstbetrug zu verscharren versucht wird; ach, wenn da nur nicht der Todesengel
dazwischen käme!] ..... Der Text: "Wie Kunst wirksam wird", ist
also die Selbstdarstellung des geistigen Status Europas und es wäre förderlich, wenn
sich Muslime zumindest soweit damit auseinandersetzen, dass sie sich
nicht nur im
Integrationsgeplapper verlieren und ständig der
Verwischung der Grenze zwischen Islam und
Kufr dienlich sind.
.Erläuterungen
zu Brocks postmodernem Kufr.
.Bazon Brock lernt das
Rettungskomplett kennen
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Der Künstler als gnadenloser Konkurrent Gottes.
Bazon Brock: Wie Kunst wirksam wird (und doch nicht angebetet werden muss)
Darf ein bis dahin in der Dorfkirche verehrtes Altarbild, nachdem es als
Kunstwerk ins Museum abtransportiert wurde, weiterhin im rituellen
Kontext verwendet werden oder nicht? Mit anderen Worten: Darf man im
Museum beten? Text entnommen von
www.bazonbrock.de
Seit etlichen Jahren ist eine merkwürdige Verschiebung im Umgang mit
Kunstwerken zu bemerken. Das dürfte inzwischen fast jedem aufgefallen
sein, der in moderne Museen geht, die Tempel der Kunst. Dort ist ein
Verhalten den angeblich autonomen Kunstwerken der Moderne gegenüber gang
und gäbe, das man früher in Sakralräumen angemessen fand, obwohl ja die
Autonomie der modernen Kunst gerade aus der Fähigkeit des Künstlers
begründet wird, der sakralen Aura, der theologischen Kontexte entraten
zu können.
Die betende Bäuerin
In Köln hatte sich etwas zugetragen, das man für eine Anekdote halten
könnte: einmal wöchentlich erschien eine alte Bäuerin aus der Eifel im
Wallraffmuseum vor einem Altarbild, kniete dort nieder und verrichtete
ihre Gebete. Dies wurde ihr von den Museumswärtern als nicht erlaubt
verwiesen; das übrige Publikum reagierte teils spöttisch, teils
aggressiv, so dass sich die fromme Frau ihrerseits düpiert fühlte und es
zur grundsätzlichen Frage kam: Darf ein bis dahin in der Dorfkirche
verehrtes Altarbild, nachdem es als Kunstwerk ins Museum abtransportiert
wurde, weiterhin im rituellen Kontext verwendet werden oder nicht? Mit
anderen Worten: Darf man im Museum beten?
Das Museum Ludwig hatte sich aber – dies ein Treppenwitz des Weltgeistes
– seitlich neben dem Kölner Dom ausgebreitet. Raffinierter weise
ermöglichten die Architekten in einem Flügel dieses Museums den Blick
auf das Gotteshaus. Sie machten damit die Wechselbeziehung überdeutlich,
die zwischen den Leuten besteht, die im Museum beten, indem sie Bilder
als Kunstwerke meditierend anschauen, die aber nie als solche gemalt
worden sind, sondern um Kirchen zu schmücken, und den Leuten, die sich
im Dom zu Köln wie Touristen, d.h. wie säkularisierte Betrachter,
verhalten.
Museen: die neuen Kirchen
Kurz: am sakralen Ort verhalten sich die Leute säkular und betrachten
(bestenfalls) mit einer gewissen Kennerschaft den (neu-) gotischen Bau –
und im Museum beten sie.
Folgende Fragen zu diesem Wandel drängen sich einem auf:
–Wie wandelt der Ort der Präsentation (nicht mehr Kirche, sondern
Museum) die Wertigkeit von Werken, die nicht für ein Museum geschaffen
wurden?
–Muss sich das rezeptive Verhalten vor solchen Bildwerken ändern, bloss
weil sie sich in einem anderen institutionellen Kontext befinden?
–Sind diese Werke überhaupt noch lesbar, wenn man sie jetzt als
Kunst-Werke liest?
–Werden umgekehrt die Sakralräume nicht in einer unangemessenen Weise
wahrgenommen, wenn Touristenströme durch sie hindurch ziehen, die diese
Räume nicht mehr in den rituellen Zusammenhängen pilgernder Gläubiger
wahrnehmen?
–Wie verändert sich z.B. die gotische Architektursprache mit ihrer
Diaphanie der Wand, mit ihrer Lichtmetaphysik und allem, was die
Gelehrten an Strukturprinzipien ausfindig gemacht haben, wenn man sie
nicht mehr aus theologischen Interesse betrachtet, sondern aus
touristischer Schaulust, wie man sie einem Kaufhaus, einem
Amüsierbetrieb, einer beliebigen Attraktivität auch entgegen bringt?
x–Was macht überhaupt ein Kunstwerk zu einem solchen?
Die Antwort auf diese letzte Frage lautet: Seine Wirksamkeit.
–Wie unterscheidet sich aber die Wirksamkeit eines Bildes als
„Kunstwerk“ von der Wirksamkeit derselben Malerei, die erklärtermassen
kein autonomes Kunstwerk ist?
–Wie wird derselbe objektive Zeichenbestand auf dem Bild einmal vom
Betrachter in einer wirkungserzielenden Weise wahrgenommen, wenn es sich
um Kunst handelt, und einmal, wenn es sich um Objekte im sakralen
Kontext handelt?
Martin Warnke hat in seinem Buch die Hofkunst die Emanzipation des
künstlerischen Schaffens aus dem handwerklichen Selbstverständnis
rekonstruiert. Die so genannte Hofkunst erscheint somit als erste Form
der freien Kunst, der Künstler tritt in die Position eines Familiaris,
eines dem Fürsten gleichstellten Mitglieds seiner Familie mit den
entsprechenden Apanagierungsmöglichkeiten. Eine berühmte Episode
berichtet, wie Tizian, als er Karl V. porträtierte, den Pinsel fallen
liess und der Monarch, in dessen Reich die Sonne nicht unterging, sich
nach dem Pinsel bückte, um ihn dem Meister zu reichen.
Künstler folgen Gott
Für die Epoche der italienischen Renaissance lassen sich einige
Beispiele für das neue Bewusstsein der Künstler ausmachen. Der Maler und
Bildhauer Pisanello (1395-1450) etwa gab als Berufsbezeichnung
skandalöser weise den Begriff zoographos (zoon= Lebewesen, graphein=
schreiben, gestalten, Form geben) an. Er fasste sich in Analogie zum
christlichen Schöpfergott und zur gebärenden Mutter als jemand auf, der
durch Gestaltung etwas Lebendes in die Welt bringt. Somit erhob er
keinen geringeren Anspruch, als den, lebenschaffend zu sein und löste
eine Diskussion darüber aus, was denn das vom Menschen als Künstler
Geschaffene von dem unterscheidet, was Menschen als Handwerker oder als
Wirkende in der Imitatio Christi geschaffen haben. Der letzte Künstler
diesseits der Alpen, der sich in der Imitatio Christi dargestellt hat,
war Albrecht Dürer mit seinem rund 60 Jahre nach Pisanello entstandenen
Selbstbildnis.
Diese Legitimation des eigenen Wirkens und Handelns in der Nachfolge
Christi löste einen ebenso gross
en Skandal aus, wie die Behauptung
Pisanellos, als Künstler gebärend zu sein, wie Gott eine lebendige Welt
zu schaffen.
Die Auseinandersetzung über diese Standpunkte wurde etwa 100 Jahre lang
in Theorie und Praxis geführt; sie lief darauf hinaus, dass man nicht
mehr nur die Ambition des Künstlers, lebenschaffend zu sein oder sich
durch die Nachfolge Christi zu legitimieren, in Rechnung stellte,
sondern man erkannte, dass sich die Wirksamkeit eines Werkes durch den
Betrachter realisiert. Ab dem 16. Jahrhundert verlagerte sich die
Debatte von den Ansprüchen der Künstler auf die Verantwortlichkeit des
Betrachters für das, was die Wirksamkeit eines Werkes ausmacht, und zwar
unabhängig davon, was es als gestaltete Zeichenfiguration, als Farbe auf
Leinwand, als Form aus Stein oder Holz darstellte. Wenn es nämlich einem
Pisanello nur Daarum gegangen wäre, toter Materie den Lebensatem
einzuhauchen, hätte man dies als primitiven, animistischen Götzendienst
verurteilen und innerhalb eines theologischen Kontextes
selbstverständlich ahnden müssen. Erst recht aber hätte man in der
kunstphilosophischen Diskussion, wie sie in Florenz nach dem
Zusammenbruch Ostroms durch die immigrierenden Gelehrten seit den 1430er
Jahren initiiert wurde, einen solchen ambitiösen Anspruch als äusserst
anstössig empfunden. Die Unhaltbarkeit dieser Attitüde wäre leicht zu
demonstrieren gewesen, wie es eine Michelangelo-Anekdote vorführt: nach
Vollendung des David schlug der Meister der Skulptur – bis heute sichtbar
– mit dem Meissel ans Knie und schrie dabei „warum sprichst du nicht, du
Hund?!“
Michelangelo hatte am David alles so gestaltet, wie es bei einem lebenden
Menschen beschaffen ist: Anatomie des Körpers, Bewegungsimpulse, das
Verhältnis von Bindegewebe und Muskulatur, Ausdruck von Vitalität und
Vigilanz – aber David sprach nicht, und er bewegte sich nicht, auss
er in
der Betrachtung des Publikums.
Es stellte sich also heraus, dass die eigentlichen Realisatoren des
„Lebens“, der Wirkung eines Werkes die Betrachter sind – als Applaudierer,
als Spender oder Käufer. Das Werk selbst ist totes Material, der Begriff
des Schöpferischen blieb jedoch in der kunsttheoretischen Debatte
erhalten, obwohl man erkannt hatte, dass das künstlerische Gelingen weder
durch das Leben eines Christenmenschen in der Nachfolge Jesu noch durch
die In-Anspruchnahme schöpfergottanaloger Kräfte legitimierbar ist.
Noch heute werden schöpferisch und innovativ geradezu synonym verwendet –
schon Carl Schmitt hatte die theoretischen Begriffsraster der
Politikwissenschaften und der Ökonomie als säkulariserte Theologie
nachgewiesen, d.h. fast jeder zentrale Begriff in der Kunst, in der
Politik oder in der Wirtschaft stammt aus der Theologie.
Künstler folgen Fürsten, Künstler folgen Meistern
Die Nachfolge Christi wird konsequenterweise abgelöst durch die Imitatio
der fürstlichen oder patrizischen Auftraggeber und Brotherrn. Indem der
Künstler über deren Leben und ihre Taten, die res gestae, als
famaerzählt, wird die Voraussetzung geschaffen, dass den Führern und
Schlachtenlenkern überhaupt jemand nachfolgen kann. Erst der Künstler
bringt die Leistungen der Heroen zur Wirksamkeit, indem er sie als
Historiograph aufschreibt, als Maler in Porträts oder Ereignisbildern
festhält, den Formierungskräften in Idealstädten zur Anschauung
verhilft. Zur Nachahmung regt nun nicht mehr Christus, sondern der Ruuhhm
der menschenmöglichen, von Künstlern erzählten Geschichten an. In einem
weiteren Schritt wird Giorgio Vasari mit seiner Begründung der
Viten-Literatur den Künstler selbst als Persönlichkeit mit Anspruch auf
gestaltete Lebensgeschichte, auf Biographie einführen. Der Künstler wird
selbst zu demjenigen, dessen Leben zum Gegenstand seiner eigenen Arbeit,
seiner eigenen fama gerät.
Mit diesen beiden fundamentalen Voraussetzungen beginnt die Moderne:
1) Die Wirksamkeit des Schöpferischen realisiert sich in der Wahrnehmung
und im Verhalten der Betrachter eines Werkes. Zoographosbedeutet in
diesem Sinne: „ich gestalte Ihr Sehen, Ihr Wahrnehmen, Ihr Fühlen, Ihre
Raumvorstellungen durch die Art, wie ich Ihnen mein Werk präsentiere.“
Es geht nicht mehr um die objektive Qualität eines gestalteten
Gegenstandes, sondern um die Wirkung, die er erzielt, bis hin zur
Verweigerung des Werkes, zu „sprechen“: es wird bewusst unserem Verstehen
entzogen – auch das ist eine inszenierte Wirkung, wie sie etwa durch
Samuel Beckett vorgeführt wurde – und die Betrachter stehen hilflos da.
Das ist überhaupt der gröss
te Trick: aus einer Latte, einem Haufen
Kieselsteinen oder ein bisschen Lehm eine Tiefsinnigkeit vorzutäuschen
und das Publikum zu veranlassen, es habe schweigend zu lauschen, wie der
Weltgeist spricht. Künstler vermögen diese unsere Verfallenheit an die
Sehnsucht nach Tiefe zu inszenieren 2) Die Vitenliteratur lässt um die
Mitte des 16. Jahrhunderts diese neue Figur des Künstlers entstehen, der
es mit seinem Schaffen vermag, in Ruuhhmvollen Erzählungen das Geschehene
zu verlebendigen, und zwar in einer Weise, dass viele Generationen später
Menschen, die nicht selbst an den Schlachten teilnahmen und die Könige
nicht persönlich kannten, durch das bezugnehmende Kunstwerk, das
Gemälde, das Drama, den Bau, doch etwas erfahren – nicht nur über das
Ereignis, sondern auch über den Künstler, der sich damit beschäftigt
hat.
Hier entsteht ein neues System der Legitimationen des Werkschaffens:
Schüler berufen sich auf ihre Meister, Nachfolgekünstler auf ihre
Vorgänger.
Die Freiheit führt den Maler über die Barrikaden
1830 schliess
lich zeigt sich die Brisanz dieser Kette von Vorstellungen
des Künstlerbegriffs: Eugène Delacroix porträtiert sich auf dem Gemälde
Die Freiheit führt das Volk. Er erscheint rechts von der barbusigen
allegorischen Figur, die in der Tradition der 1789er Revolution
dargestellt ist, die sich wiederum auf die klassische Antike orientiert.
Was bedeutet das? Nach Pisanellos skandalösen Ambitionen auf zoographein
und Dürers nicht minder skandalöser Selbstdarstellung als Christus malt
sich Delacroix als Bürger mit Zylinder, ein Gewehr in der Hand, als
Assistenzfigur einer linken Ikone, die seither von allen
Sozialrevolutionären – seien sie nun humanistisch, demokratisch,
republikanisch oder internationalistisch gesonnen – vereinnahmt wurde.
Wer jedoch meint, die Freiheit führe hier das Volk gegen Karl X., den
Restaurationsbourbonen, der seit 1815 wieder auf dem Thron sitzt und in
den letzten Tagen des Juli 1830 hinweggejagt wurde, ist nicht etwa auf
den Barrikaden dabei, sondern auf dem Holzweg. Das Bild ist nämlich
darauf angelegt, dass man als Betrachter in der Froschperspektive selbst
überrannt wird: von der Freiheit, von dem bürgerlichen Trommler und dem
Künstler, der sich als Inkarnation dieser Bewegung darstellt. Es geht
überhaupt nicht Daarum, mit künstlerischen Mitteln in der Imitatio
gesellschaftlichen Aufschwungs die . Revolution im Sinne sozialer
Veränderungen zu befördern, sondern die Welt des Betrachters wird auf
den Kopf gestellt – des Betrachters, der anbetend und verehrend vor dem
Bild steht. Denn es ist gerade nicht damit getan, als Humanist,
Sozialist oder republikanischer Tugendbold vor dieser oder einen anderen
linken Ikone2auszurufen: Gottseidank, die Freiheit rettet uns, und alle
schlechten Verhältnisse werden beseitigt, die Welt wird verbessert, die
Bösen werden liquidiert und die Guten werden triumphieren!
Wer das Bild so liest, wird überrannt, d.h. das Bild selbst ist der
Protest gegen einfältige Vorstellungen, seine Wirksamkeit bestünde in
einer Veränderung oder Verbesserung der Welt durch die Kunst. Der
Betrachter mit seinen Wünschen muss selbst die Wirkung des Bildes
realisieren.
Tatsächlich erkennt man am Gesichtsausdruck der Delacroixschen
Verkörperung der ersten bürgerlichen Revolution einen Zweifel an unserer
Art, das Bild als gross
e Kunst, als Kraft der Weltveränderung anzubeten.
Folgerichtig wandte sich die nächste Revolution von 1848 gegen
Delacroix: die Revolutionäre, die er gemalt hatte, zerstörten seine
Bilder, und der Maler wurde – wie Alexandre Dumas berichtet – jetzt
selbst zu einem Träger der Revolution. Delacroix, dem 1830 angesichts
der aufgewiegelten Massen die Knie geschlottert hatten, legitimierte
sich gerade durch seine Angst vor der Veränderung. Er übernahm die Rolle
des Revolutionärs, indem er sich mit dem Gemälde von 1830 als Schöpfer
von Wirksamkeit durch Kunst selbst liquidierte. Die Selbstzerstörung
stellt eine für Künstler entscheidende Figur in der Reihe der
Legitimationsmotive dar, egal, ob sie mit künstlerischen Mitteln, durch
Werkrausch am Rande der völligen Erschöpfung, durch Absinthgenuss,
Rumhurerei, Drogen, Duelle oder sonstige Exzesse betrieben wird.
Selbstbezichtigungen eines Unpolitischen
Analog zum Fall Delacroix spielte sich im Bereich der Literatur
Folgendes ab:
Thomas Mann notierte 1918 in den Betrachtungen eines Unpolitischen all
das, – „entartete“ Kunst, Erbfeindschaft der französischen Zivilisation
gegen die Seelentiefe der deutschen Kultur usf. – weswegen er 1933 ins
Exil getrieben wird. Die von ihm selbst in den Betrachtungen eines
Unpolitischenbeschworenen Phänomene hatte er zwar bereits 1922
widerrufen, doch wurden sie 1933 von der anderen Seite – so intelligent
war immerhin auch ein Dr. Goebbels – umgewidmet und im Kampf gegen die
intellektuelle Elite ins Feld geführt.
So liess sich denn sinngemäss der Dekan der Bonner Fakultät, die dem
Schriftsteller den Ehrendoktor verliehen hatte, in der
Aberkennungsaddresse vernehmen: „Verehrter Thomas Mann, entsprechend
Ihren eigenen Feststellungen kommen wir zu dem Schluss, dass Sie nicht
länger Deutscher sein können, Sie sind entehrt und entwürdigt als
Zivilisationsakrobat, als oberflächlicher Kalkulator von beliebigen
Wirkungen ohne seelische Tiefe“. Dementsprechend wurden Thomas Mann
„korrekt“ und konsequent der Ehrendoktor und die Ehrenbürgerschaft
entzogen, die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt, das Vermögen
konfisziert. Er selbst hatte doch 1918 die Kriterien für das entwikelt,
was ihm dann widerfuhr.
Wie bei Delacroix 1848 richtete sich bei Thomas Mann 1933 der
Wirkungsanspruch der vom Künstler getragenen Veränderung der Welt
schliess
lich gegen den Urheber. Beide – Delacroix und Thomas Mann – waren
intelligent genug, um zu erkennen: man muss sich selbst mit seinen
Egoismen, mit seinen Beschränkungen, mit seinem Wirkungsanspruch zum
Gegenstand der Arbeit machen.
Thomas Mann hat in seiner berühmten Rede vom Mai 1945 ausdrücklich auf
diesen Sachverhalt Bezug genommen. Schon zuvor hatte er in der Schrift
Bruder Hitler die Nationalsozialisten als seine Brüder identifiziert,
was allen Zeitgenossen, die ihn als Gegner des Nationalsozialismus
kannten, völlig aberwitzig erschien. Doch Thomas Mann war sich bewusst
dass er es selbst ist, der in der Gestalt des anderen, des Fremden, des
Feindes auftritt, d.h., dass er sich selbst zum Addressat seiner Worte
machen muss. Ein Werk kann nur dann verlebendigt werden, wenn sich die
Wirksamkeit auch in der eigenen Person realisiert.
Vielen Künstlern war das aber zu keiner Zeit klar, und nur daher kommt
es, dass sich viele Urheber, deren Werke wir für bedeutsam halten, als
die stumpfsinnigsten Zeitgenossen entpuppen, wenn sie etwa Skat dreschen
wie Richard Strauss, sich besaufen oder gelangweilt durch die Gegend
fahren, ohne sich für irgendetwas zu interessieren. Sie werden für
genial und schöpferisch gehalten, obwohl sie selbst nie die
Verlebendiger, die Adressaten der Wirkung ihres eigenen Anspruchs sind
und die Ansprüche von anderen Künstlern gar nicht erst wahrnehmen. Jeder
Künstler scheint es sogar strikt ablehnen zu müssen, sich als Adressat
der Malerei seiner Kollegen aufzufassen. Nur zähneknirschend nimmt man
es auf sich, überhaupt an Gruppenausstellungen teilzunehmen, wobei dann
sofort das Feilschen um den besten Hängeplatz einsetzt.
Wagner: Werk als Wirkung
Hatte Delacroix bereits damit begonnen, die Selbstaufklärung des
Künstlers im Gemälde die Freiheit führt das Volk zu thematisieren, so
begründete Richard Wagner ab etwa 1850/51 in seinen
Regenerationsschriften sehr viel weitergehend, warum seine Tätigkeit
nicht mehr als Werkschaffen ausgewiesen, sondern direkt in die Figur des
Gesamtkunstwerksüberführt wird. Was Helmholtz und andere mit dem
Synästhesie-Begriff zu erläutern versuchten, demonstrierte er im
Zusammenwirken von Musik und Malerei, Bühne und Tanz, Gesang und
Literatur. In dieser stets gleichzeitigen Beanspruchung aller sinnlichen
Aktionszentren der Menschen existiert das Werk gar nicht mehr als Werk im
Sinne einer physisch materiellen Gestaltung, sondern nur noch als Summe
der Kalküle der Wirkungen, die es erzielen soll. Das Prinzip
Hollywood wird geboren, d.h. ein Werk ist nur noch insofern vorhanden,
als es Wirkung erzielt. Schon Nietzsche hat diese
Hollywood-Charakteristik an Wagner richtig eingeschätzt: schiere
Oberflächlichkeit, schiere Banalität, die Unmöglichkeit, sich noch von
der Oberfläche oder der Erscheinung her auf das Wesen oder in die Tiefe
bewegen zu können – es gibt keine Tiefe, kein Wesen, sondern nur die
Wirkung. Dahinter und darin steckt nichts anderes als die Mobilisierung
des Publikums. Folgerichtig realisiert Wagner diesen modernen Typus des
Werkschaffens in einem Ereignisort, an dem sich die Wirkungen entfalten:
Bayreuth. Wie Nietzsche schon sagte: das Bedeutendste an Bayreuth sind
die Teilnehmer der Festspiele, sie sind die Hauptakteure.
Wagner schafft damit etwas völlig Neues, und er richtet sich nicht etwa
nur an einige wenige – hier ein paar Ungetröstete, und da ein paar
Leute, die nur noch in der Oper weinen können – sondern er zielt auf den
sozialen Körper im Ganzen, auf die Menschheit, auf die Gesellschaft. Mit
einer Flut von Publikationen, den Bayreuther Blättern, beschickt er die
von ihm selbst ins Leben gerufenen Wagner-Fanclubs. Die Wagner-Vereine
sind die Begeisterungsgemeinschaften derer, die auf die gleiche Weise
durch seine Musik zu höchsten Euphorien veranlasst werden. Diese
Öffentlichkeitsarbeit betrieb er mindestens so intensiv wie das
Entwickeln von Dramen und Partituren.
Damit verschafft er sich einen Anspruch, als gesellschaftbewegende Kraft
zu wirken – und zwar auf dieselbe Weise wie gleichzeitig die politischen
Parteien, denn das, was Gesellschaft formiert, ist nichts anderes als
eine bestimmte Art von Bewegung. Daher stammt denn auch dieser berühmte
Ausdruck, der von den Nazis bis zu den Grünen solche
Begeisterungsgemeinschaften trägt. Wagner erzeugt Bewegung in der
Begeisterung, in der Begeisterungsgemeinschaft von Menschen, deren
Beseeltheit eine objektive Kraft darstellt: Menschen, die von dieser
Beseeltheit getragen sind, können Sie bei Langemarck ohne Waffen ins
Feuer schicken und verheizen.
Alle Journalisten, Karikaturisten, gelehrten Musikkritikern, Ministern
und Kaisern wussten seit 1876: das gerade erst neu gegründete Deutsche
Reich konnte es einfach nicht ohne Bayreuth geben, obwohl es sicher
Bayreuth ohne das Reich gegeben hätte. Die eigentliche Reichsgründung
fand in Bayreuth statt – selbst in finanzieller Hinsicht, denn das
Festspielhaus wurde mit den Bestechungsmitteln aus dem Welfenfonds
finanziert. Diese Gelder hatte Bismarckan Ludwig II. von Bayern zu
zahlen, damit der König die Zustimmung zur Reichsgründung gab, die sonst
nicht zustande gekommen wäre. Die Wechselbeziehung Bayreuth-Reich reicht
bis in die jüngere Vergangenheit – Kaiser und Künstler, Fürsten und
Führer, Parteivolk und Opernpublikum lassen sich zusammenfassen in den
beiden wesentlichen tragenden Kräften der deutschen Reichsidee:
Flottenvereine und Wagnervereine. Beide wurden getragen von der selben
Art der Begeisterung und während die Flottenvereiniger bei Wagnermusik
zur See fuhren, sah man den fliegenden Holländerin Bayreuth als Admiral
Tirpitz mit seinem markanten Bart auftreten. Diese unheilige Allianz
führt über Stalinismus, Hitlerismus, italienischen Faschismus und
internationalen Totalitarismus bis in die Gegenwart, bis in die Symbiose
von Mercedes Benz und den Künstlern, nur dass wir es nicht mehr mit
solchen Kalibern zu tun haben, wie sie Wagner als Künstler oder Ludwig
von Bayern als Mäzen darstellten. Die Fragestellung bleibt jedenfalls
aktuell: Wie wird Kunst wirksam im Hinblick auf ein Publikum, das
belebt, animiert, beseelt, bewegt, angetrieben, Gemüts bestimmt, zu
Tränen gerührt, zu Aggressionen auf dem Markplatz angestachelt werden
soll?
Künstler als Beweger
Zuschauer sind die eigentlichen Akteure der Kunst, aber dieses Publikum
muss auch ein Ziel für seine Begeisterung, ein Objekt seiner Anbetung
finden, oder – anders ausgedrückt: sein Bewegungsimpuls muss eine
Richtung bekommen, sei sie nun grün-fundamentalistisch,
deutsch-nationalsozialistisch oder wertkonservativ genannt. Anbetung in
diesem Sinne bedeutet eigentlich Richtung weisen.
Worauf richtet sich die einmal erzeugte Wirkung der Kunst? Jeder moderne
Architekt, jeder moderne Designer, jeder moderne Maler, Pädagoge usw.
hat sein Tun durch die Anbetung legitimiert, durch
eschatologisch-analoge Ausrichtungen der Bewegungen auf Fortschritt,
Humanismus, Sozialismus, Kommunismus oder was auch immer. Hinter jedem
Entwurf einer fischbeinfreien Corsage stand der Weltgeist in Person des
revolutionären Fortschritts, der den weiblichen Leib aus den Zwängen der
Folter befreite, um nur ein Beispiel zu nennen. Das wurde dann
Lebensreform genannt und nahm so kuriose Formen an wie „Sonnenanbeten auf
dem Monte Verità“: Reihenweise verliess
en die Leute ab 1890 die
Verwaltungsgebäude, die Traditionen, die Bildung, die Unterwäsche und
streckten wie die Wahnsinnigen die Arme himmelwärts – im Bewusstsein von
Licht und Luft, durchsonntem Leben in übermenschlicher Leidensfreiheit
und vergnügtem Alter.
Es spielt dann auch keine Rolle mehr, ob jemand Semit oder Antisemit,
gross
deutsch oder kleindeutsch, Föderalist oder Totalitarist ist, ob
jemand das Programm von Jesus Christus vertritt oder das des Teufels –
die Wirkung ist die Gleiche: es geht Daarum, die Gedanken, Ideen und
Energien, kurz die Bewegung zu nutzen, um – und das kennzeichnet die
Anbetung – einen Plan, eine evolutionäre Vorstellung, ein
Fortschrittsbild durchzusetzen, sei es in Gestalt eines AKW, einer
Stromversorgung, einer neuen Infrastruktur, eines Genomprojekts usf. Die
Anbetung äussert sich in der Realisation abstrakter Hirnakrobatiken von
Philosophen, Soziologen oder Technologen, die mit dieser erzeugten
Wirkungsenergie 1:1 in die Tat umgesetzt werden sollen. Diese
Vitalisierung des Publikums, um seine Bewegung auf die Verwirklichung
eines abstrakten Plans zu lenken – man nenne ihn nun Paradies,
Sozialismus oder technische Globalisierung– ist primitivster Götzendienst.
Mit dieser quasitheologischen Begründung, man könne irgendeiner
Ausgedachtheit die Energien des Lebens, die Kräfte der Kunst zuführen,
um sie als Zustimmung zum Urheber zu verwirklichen, macht man die
Katastrophe komplett!
Anbetung als Segenserzwingung
Wenn der alttestamentarische Vater um den Segen gebeten wurde, erwirkte
der Sohn zwar auch die Zustimmung zu sich selbst, aber in der Akzeptanz
als Sünder, als Verfehlender, als sich Irrender. Es hiess „stimme mir zu,
gib mir deinen Segen, obwohl ich falsch Zeugnis abgelegt, obwohl ich
versagt und gestohlen habe“, während der moderne Segen folgendermassen
erzwungen wird: „gib mir die Zustimmung, weil du gar nicht anders kann,
denn mein Plan für Multikultur, Sozialismus, Frieden auf Erden ist
einfach toll“. Wer die Zustimmung verweigert, wird kurzerhand als
Faschist, Totalitarist oder Idiot denunziert. Deswegen bleiben wir auch
bis auf weiteres mit unserem Multikulturzauber in jenem Jammer stecken,
dessen blutige Konsequenzen einer jeden Nachrichtensendung zu entnehmen
sind, deswegen verharren wir im heillosen Segenskreislauf der
Selbstlegitimation.
Wenn, wie bei der sogenannten autonomenKunst, eine derartige Wirksamkeit
eingeklagt wird, muss das zwangsläufig auf jene historischen Phänomenen
hinauslaufen, die wir alle als nicht akzeptabel beklagen: etwa wenn
Walter Gropius noch bis 1936 glaubte, als Bauhauskonzipist der geborene
Chef der Reichskulturkammer zu sein, wenn Fritz Lang von Goebbels der
Posten eines Chefs der Reichsfilmkammer angetragen wurde, weil er mit
Metropolis das gross
artige Werk der Wirkungserzeugung, des
In-Bewegung-setzens von Massen geschaffen habe, oder wenn Emil Nolde
1921 Parteimitglied wurde, weil er annahm, seine Kunst sei die des
Nationalsozialismus schlechthin. Wenn aber alles Geschaffene im Sinne
dieser autonomen Denkanstrengungen und ihrer Verwirklichungen
offensichtlich notwendig zu totalitären Konsequenzen führt, stellt sich
folgende Frage:
Was für einen Gebrauch sollen wir überhaupt noch von den gross
en
Entwürfen machen, von den Bildern, von den musikalischen Werken, den
Architekturen etc.?
Kritik statt Anbetung Hier kommt jetzt eine zweite, die so genannte
kritische Tendenz derselben Moderne ins Spiel: kritische Kunst,
kritische Haltung, kritische Philosophie, kritische Theologie usw..
Was ist das Charakteristische dieser Tendenz? Statt die bewegenden
Wirkungen der Kunst im Sinne einer Ausrichtung auf Verwirklichung von
irgendwelchen Vorstellungen zu verwenden, die uns alle packen, verwenden
wir diese Wirkungen, um die Vorstellungen gerade zu kritisieren. Die
Kritik an der Wahrheit ist eine sensationelle Denkfigur, die es in der
Weltgeschichte nie zuvor gegeben hat – Lüge oder Schein wurden seit
jeher kritisiert – , die Unwahrheit oder das Täuschen erschienen
kritikwürdig, aber die Wahrheit?
In der Entwicklung dieser neuen Haltung erkannte man die
anthropologischen Konstanten des Menschen als auf alle Zeiten
festgeschrieben, denn die geophysikalischen Voraussetzungen der
Weltlage, die physiologischen und sonstigen Bedingungen des Lebens von
Menschen auf Erden sind nicht manipulierbar. Wir sind von Natur aus
nicht perfekt, nicht auf Fülle ausgerichtet, sondern auf
Mangelverwaltung, auf Energiezufluss von aussen, auf soziale Hinwendung
etc.. Wir sind alle nichts als Natur und unterscheiden uns vom nächsten
Verwandten, dem Bonobo, um 1,21%. Grösser ist die genetische Differenz
gegenüber dieser Affenart nicht!
Man kritisiert also mit seinen Entwürfen der Kunst, mit gross
en
systemischen Gedanken von Gesellschafts-, Politik- und
Wirtschaftswissenschaften, mit empirischer und sonstiger Medizin eben
jene Bedingtheiten, dass wir Tiere sind, dass wir in einer geschlossenen
Welt leben, dass die Realität uns gegenüber nur das ist, worauf wir doch
keinen Einfluss haben. Das ist die alte Hiobsposition, d.h. der Aufstand
der Menschen gegen die Götter, nicht die Imitatio Gottes, nicht das
Auftreten als schöpferanaloger Künstler, sondern als Rebell, als
Widerständiger, als gefallener Engel. Diese Kritik an der Wahrheit, wie
sie sich seit dem 16. Jahrhundert durch die Moderne zieht, richtet sich
genau gegen die Verhältnisse, die Künstler vom Schlage Wagners
ausgenutzt haben.
Wahrheit in der Lüge, Schaffen durch Zerstören
Beide Tendenzen – Anbetung und Kritik – haben sich trotz ihrer
Gegenläufigkeit immer eng berührt. Nietzsche hat erstmalig versucht, sie
zusammenzubringen, indem er nicht mehr das oberflächliche
Unterhaltungsmetier, das zynische Bedienen von Erwartungen gegen die
Eigentlichkeitssprache der tiefsinnigen Seelenkunst ausspielte, nicht
mehr Kultur gegen Zivilisation ins Feld führte, was ja in seiner Zeit
durchaus üblich war. Vielmehr versuchte er, beide Tendenzen miteinander
zu versöhnen mit dem Hinweis darauf, dass wir von der Wahrheit unserer
natürlichen Bedingtheiten doch nichts wüssten auss
er in Gestalt der Lüge.
Mit anderen Worten: Nur noch in der Falschheit hat man einen Begriff des
Wahren, nur in der Hässlichkeit kann man noch einen Begriff des Schönen
entwickeln Auf unsere Situation übertragen bedeutet das etwa: nur noch
im Ruuhhrgebiet, dieser völlig zertrümmerten Zivilisationslandschaft, weiss
man wirklich noch, warum man sich auf den Begriff des Schönen
zurückzieht, denn es gibt kein Schönes, und nur in dieser Einsicht macht
es einen Sinn, vom Schönen zu reden.
Nur wer akzeptiert, dass die Mechanismen des Wirksamwerdens auf
Möglichkeiten des Lügens und Täuschens beRuuhht, wie sie in der Natur des
Menschen per se begründet sind, nämlich durch die Funktionsweise seines
Wahrnehmungsapparates, kann mit diesen Mechanismen kalkulieren und ihren
Wirkungen entgehen.
Insofern wird jetzt plötzlich der Sünder, der Verworfene, der Zerstörer
zum Schöpfer: Künstler, die mit der Destruktion arbeiten, die z.B.
collagieren wie die Dadaisten, die explodieren lassen und zerfetzen wie
Arman und das Ergebnis als Bildwerk ausweisen. Das ist die Gegenposition
zum Schaffen als Zerstören, wie es z.B. Wagner betrieb: er schaffte in
gigantischem Ausmass, die Wirkung aber erwies sich als absolut
zerstörerisch.
In der Moderne entsteht das Werkschaffen durch Zerstörung und
Zertrümmerung, d.h. das zerstörerische Tun wird von vornherein als
schöpferisch ausgewiesen, um die Grenzen zu demonstrieren, innerhalb
derer alle Überlegungen bleiben müssen.
Hier erst erfolgt die strikte Trennung der künstlerischen Argumentation
von der theologischen.
Theologen als Künstler
Folge ist, dass heute Theologen selbst als die peinlichsten Gestalten
auftreten, die mit Tschingderassassa und ein paar Lichteffekten vor der
Kanzel Modernität simulieren, indem sie die Disco in die Kirche holen.
Diese Leute haben offenbar nie etwas gelernt – weder aus der Geschichte,
noch aus der Kunst. Sie erweisen sich als völlig verfallen an die
Hoffnung auf Wirksamkeit – mit dem Ergebnis, dass heute jeder Theologe
glaubt, er sei ein Künstler, er erzeuge mit Licht, Gedudel und Gesang
eine Wirkung bei seinen Klienten, wenn diese auf die Bänke springen,
sich farbenfroh anziehen und als fröhliche Christen lustig spenden. Das
ist das „Prinzip Wagner“ in der Kirche, und dann sind wir wieder da, wo
wir im 15. Jahrhundert angefangen haben, nur dass jetzt die Theologie die
Kunst nachahmt, nachdem die Kunst sich mühsam aus den Fängen der
Theologie befreit hat. Jetzt nämlich merken die Theologen: Donnerwetter,
die Künstler haben’s: Licht, Kulisse, nacktes Fleisch, Swing, Rythmus
und schon gibt es Stimmung und Wirkung – da lebt die Bude, da sitzen
nicht Leichen im Betstuhl, sondern vitale Menschen, mit denen man auf
die Strasse gehen und Multikultur und Sozialismus fordern kann: „Hier
herrscht jetzt Friede, und wer nicht pariert, wird erschossen!“
Jetzt fangen die Theologen an, künstlerisch zu planen, ebenso die
Ökonomen – aber wie gefährlich zu glauben, man müsse ein Produkt nur
„inszenieren“, damit sich seine Eigenschaften den Leuten auf eine Weise
mitteilen, die Wirkung, nämlich den Kauf, erzielt. Auch politischer
Wahlkampf ist nichts anderes, als mit künstlerischen Mitteln Wirkung zu
erzeugen: die Bevölkerung so zu vitalisieren, dass alle denken: „Die
haben aber jetzt einen einheitlichen Geist in ihrer Partei, auf die kann
man sich wirklich verlassen und die Merkel zur Bundeskanzlerin wählen!“
Solche Vorstellungen hinken noch weit hinter mittelalterlichem Animismus
her, sie sind weitaus primitiver als im Bereich der Kunst, denn die
Künstler – wie am Beispiel von Delacroix, Wagner oder Thomas Mann
demonstriert wurde – wussten immerhin selbst, was sie treiben, weil sie
reflexiv arbeiteten.
Die Künstler haben nämlich gemerkt, dass man die Widerstandskraft der
Utopie benutzen kann, um Wahrheit zu kritisieren, die Wahrheit unserer
rein tierischen Existenz, unserer Kläglichkeiten, unserer Dämlichkeiten,
unserer Beschränktheit im Leben, d.h. dass man Sozialismus als Konzept
benutzen kann, um den Wahrheitsanspruch der Verwirklichung von
Sozialismus zu kritisieren. Wer behauptet, er realisiere Sozialismus und
gestalte die Welt nach Plan, als sei er der liebe Gott, der komplexe
Organisationsprobleme spielend bewältigt, wird als Vollidiot kenntlich
gemacht. Künstler können die Wahnhaftigkeit des Anspruchs kritisieren,
in Sozialismus oder Humanismus mehr als nur eine Onaniervorlage von
Intellektuellen zu sehen.
Scheitern als Gelingen
Gegenwärtig sind wir jedenfalls bei der etwas betrüblichen Feststellung
angelangt, dass die Kunst so wirksam geworden ist, dass die Politik, die
Ökonomie, die Theologie ihr nun reihenweise nachfolgen und ihre Muster
übernehmen. Es bleibt zu hoffen, dass die Künstler eine neue Avantgarde,
eine neue vorausschreitende Perspektive entwickeln, um dieser
Gemeinschaft der begeisterten Humanisten, dieser Banauserie der
Kulturträger, um dieser Mord-und-Tot- schlagsucht im Namen der
christlichen Nächstenliebe zu entgehen. Inzwischen ist doch einigen
Leuten aufgefallen, dass es ein Unsinn ist, im Namen der Liebe Leute
umzubringen, im Namen der Bekehrung den Bekehrten als Märtyrer zu
liquidieren. Man muss dabei nicht einmal an den theologischen
Fundamentalismus denken, allein der ökonomische Fundamentalismus ist
viel grausamer und der ökologische mindestens ebenso schlimm. Künstler
zogen daraus die einzig sinnvolle Konsequenz, theoretisch abstrakt wie
praktisch, nämlich mit der Kunstproduktion Schluss zu machen, das
Konzipieren von Werken mit dem Anspruch der Imitatio Christi oder des
Zoographos einzustellen. Sie verzichteten darauf, eine Beseelung von
Kunstwerken durch Wirkung auf lebende Menschen hervorzubringen. Die
Einen zogen sich asketisch in ihre Klausen zurück und arbeiteten wie der
gotische Kathedralbau-Handwerker nur noch zum Ruuhhme Gottes oder der
Wahrheit, sie arbeiteten, um sich beherrschen zu lernen oder um mit
ihren Ängsten fertig werden zu können und sich nicht in die
Begeisterungsgemeinschaften der Gottsucher flüchten zu müssen. Die
Anderen haben die Antriebe zu jedem gestaltenden Schaffen erkannt, haben
eingesehen, dass in Gesellschaft, Politik oder Wirtschaft, von der Kirche
über das Produkt-Marketing die gleichen Mechanismen der Belebung von
Klienten und der Bewirkung von Verhalten in Gang sind, und dass es
deswegen keine Kunst mehr geben könne. schliess
lich macht es keinen Sinn,
die eine Art der Erzeugung von Publikumsreaktion als Kunst zu
bezeichnen, die andere als Verkaufsstrategie, die dritte als
Unterhaltung, die vierte als Gottesdienst. Wer diese Einsicht gewonnen
hat, aber doch noch „irgendwie Künstler“ sein möchte, verlegt sich
darauf, Produkte zu verkaufen, Werbung zu treiben, einen Kirchen- oder
Parteitag zu gestalten und die Affen tanzen zu lassen. Noch Andere
ziehen es vor, direkt per Sozialfürsorge in die Irrenanstalten oder
Gefängnisse einzuziehen, wo es immer noch behaglicher zugeht als im
Rinnstein.
Hinzu kam, dass sich nach 1989 wirtschaftliche Bedenken gegen die
bisherige Wertschätzung der Kunstwerke in Millionenbeträgen einstellten
und der Kunstmarkt zusammenbrach. Damit schwand augenscheinlich auch das
Interesse an der Kunst, keiner will sie mehr sehen, keiner will sie mehr
kaufen. Daraus zogen die Intelligenteren die Konsequenz, wie Cicero aufs
Land zu gehen, auf einem Stein sitzend nachzudenken oder ihr Leben
gleich als erschütternde Krise des Künstlers auszuweisen. Scheitern ist
ohnehin die einzige Form des Gelingens unter Künstlern: man scheitert,
indem man die Bewegung mit seinem Verzicht auf Ruuhhmeswünsche und
Museumsewigkeiten trägt – so wie die christlichen oder Islamischen
Märtyrer, die als Verlierer draufgehen; man trägt die Kunst über die
Schwelle des Jahrtausends, indem man sich als derjenige deklariert, der
es nicht geschafft hat, weil er zu klein, zu dumm, zu beschränkt, zu
chancenlos usf. ist. Da sitzt er dann und lässt sich betrachten und rührt
sein Publikum zu Tränen: er kann nichts, er hat nichts, er ist nichts,
ihm gelingt nichts, er weiss
nichts – das ist das wahre Heldenleben des
Künstlers. Wo befindet er sich da? In der schönen alten Bestimmung des
Christenmenschen, nirgends sonst. Er ist wieder da in der Abhängigkeit
vom Segen, von der Gnade, von der Gewährung von Verständnis jenseits
gesellschaftlicher Akzeptanz, die ihm natürlich vorenthalten wird. Das
Scheitern in der Kunst zum Thema zu machen, heisst, die Themen der alten
christlichen Theologie wie der sokratischen Philosophie aufzugreifen:
der Mensch als Mängelwesen, als bedürftiges Wesen, als auf Zuwendung
angewiesene, in vorgegebene Bedingungen und Perspektiven nur eingepasste
Existenz Genau das macht den gläubigen Christen aus, und dann sind wir
wieder dort, wo die Künstler im 15. Jahrhundert sich aus der Kirche
emanzipierten und
aufgebrochen sind – nur, dass die Kirche nicht mehr da
ist, denn die macht jetzt Kunst. Nun heisst es abwarten, bis die neue
Kirche kommt ...
Erläuterungen
zu Brocks postmodernem Kufr
Bazon Brock stellt
hier
die Frage, inwieweit ein christlich-sakrales Objekt der Anbetung, dass
physisch von der Kirche in ein Museum transportiert wurde, dann noch im
Museum angebetet werden dürfe oder nicht; er versuchte dabei aber das Pferd beim
Schwanz aufzuzäumen und die geistige Angelegenheit, die Wechselwirkungen
von zwei Betrachtergruppen, allein von der kulturellen
Ebene her zu begründen, indem er das Museum als Repräsentanz der
Kulturebene (auf der Ruuhh [Geist] nur als psychologisches
Erlebnis, quasi nur als chemische Einbildung gelten darf, da ja Ruuhh
keiner experimentellen Wiederholbarkeit unterzogen werden kann)
als neuen sakralen Raum, aber ohne Anbetung annimmt. Im Kern
der Angelegenheit hat sich nur die Art des
Schirk
(Götzendienst) verändert, wenngleich der Ort und die Götzendiener zur
Ablenkung ausgewechselt wurden. Brock vertrat bei einem Vortrag in Graz, dass Muslime und andere Völker
Afrikas, Affen seien; dies zu wissen bringt den Text in einen
umfangreicheren Zusammenhang zur Doktrin des
Demokratismus
und wie im Zustand desselben versucht wird mit "Kunst" umzugehen;
wenn da nur nicht der Todesengel
wäre......
Bazon Brock hat einen
umfassenden Blick für
europäische Wechselwirkungen und Entwicklungen von
Kunst, Kultur, Politik und Religion im säkularen Geschichtsbewusstsein und nicht wenige zählen ihn zu den führenden Köpfen
Europas. "Wie Kunst wirksam wird" ist beispielhaft für eine gewisse
geistige Grundhaltung, welche dem Muslim in Europa (in unterschiedlichsten
Formen, quasi versteckt im täglichen Leben)
ständig begegnet. Brock nennt förderungswürdige
Tendenzen, doch seine Abhandlungen enden in Kreisen: " z.B.:...... und dann sind wir wieder dort,
wo die Künstler im 15. Jahrhundert sich aus der Kirche emanzipierten und
aufgebrochen sind .... ". Die in Europa oft
gehörte Phrase: "der Künstler schafft" beRuuhht nicht wie bei
Muslimen auf der Überzeugung, dass jede Handlung von Gott geschaffen wird,
und der Mensch nur kausaler Ausführer der von Gott geschaffenen Handlung ist. Schaffen bedeutet für
Säkulare auch nicht "etwas aus dem Nichts zu schaffen, wie es Gottes
ist und so ist es verständlich, warum z.B. Brock (wie viele anderer) den Künstler als
"gnadenlosen
Konkurrent Gottes" postuliert, da er sich selbst verehrt. Das säkulare Weltbild ist das Bild einer
Schlange, welche sich
am Schwanz zu fressen beginnt.
Auf
Brocks gestellte Frage: "Darf ein bis dahin in der
Dorfkirche verehrtes Altarbild, nachdem es als Kunstwerk ins Museum
abtransportiert wurde, weiterhin im rituellen Kontext verwendet werden
oder nicht? Mit anderen Worten: Darf man im Museum beten?",
antworten Muslime, dass jeder
saubere Ort ein Ort der Anbetung ist, und jedes Objekt (z.B. ein Gemälde)
welches irgendwie Gott darstellen soll ein
Götze ist, da Gott ohne Gleichnis ist; kurz die Frage ergibt für
Muslime keinen Sinn; din Muslim betet wenn die Zeit kommt, im Museum,
auf der Wiese oder in der Moschee, ungeachtet der Tatsache, dass es für
Muslime in musealen Räumen schwer sein könnte, einen Platz ohne
scheinbeseelter Objekte vor sich, zum Beten zu finden.
Die
absolute Allmacht Gottes zu leugnen
ist
Schirk bzw. Götzendienst.
Mit anderen
Worten, Götzendienst bedeutet, etwas von Gott Geschaffenen, die Macht
Gottes mehr oder weniger zuzuteilen, quasi der Natur (Schöpfung) eine eigenständige
Macht zu verleihen;
etwas Geschaffenes mit Gott zu vergleichen; es belanglos, ob sich das
angebetete Objekt nun im Museum, im Gebetsraum oder in der Küche
befindet, ob es sich um ein Kunstwerk, Baum oder einen Menschen handelt.
So interessant die Frage nach dem Beten im Museum im Kreislauf des Nichtmusli-Denkens auch sein mag, für Muslime ist diese
Fragestellung irrelevant und so sind viele, viele Dinge zwischen
Muslimen und Nichtmuslimen: die Fragestellungen sind verschiedenen
Geisträumen.
Wenngleich es der Betrachte ist, der
Objekte
zum Götzen macht bzw. sie in seiner Vorstellung beseelt (animiert), so hebt dieses
Wissen die Wirkung seines Götzendienstes (eben die Scheinbeseelung und
Bemächtigung) nicht auf. Ein Muslim betet niemals zu Objekten, welche "beseelte Wesen" darstellen oder daran
erinnern, auch wenn
er ihnen keinerlei belebte Bedeutung zumisst;
irgendwelche Objekte befinden sich immer vor dem Betenden, sei es die
Qiblah (die innere Ausrichtung) durch die
heilige K'abah in Mekkah, ein Sessel oder viele Sandkörner; Allah
ist über alle Vorstellungen
erhaben und nichts ist Ihm gleich.
Die Geschichte der im
Museum betenden Bäuerin vermittelt also eine Frage, deren Antwort
nicht
sinnvoll auss
erhalb des Islam
gefunden werden kann. Muslimische Einwanderer können solche
Überlegungen kaum nachvollziehen, denn abgesehen von sprachlichen
Umständen mangelt es zwangsläufig an einem Verständnis europäischer
Kunstentwicklungen und Erfahrungen mit zusammenhängende gesellschaftliche Ereignissen; der Kontext fehlt
meist für Muslime, und der Kontext fehlt für Kufaar
(Nichtmuslime).
Der Islam ist längst die Orientierung Europas
geworden, doch wird sich das wohl noch länger durch Ablehnung der
Nichtmuslime und Immigrationsphobie manifestieren. Muslime
täten aber gut daran, anstelle nutzlosem Integrationsgejammers, die geistige
Situation Europas soweit zu erfassen, dass Nichtmuslime merken können,
dass ihre
säkularen Glaubensformen von Muslimen verstanden und vollkommen
durchschaut werden; derzeit wähnen Nichtmuslime noch, dass Muslime nur
deshalb noch Muslime sind, da ihnen die geistigen Höhen und
sonstigen fortschrittlichen Qualitäten ihres Unglaubens noch
verschlossen sind. Wenn sich Nichtmuslime aber nicht von
Muslimen nicht verstanden oder durchschaut fühlen, sehen wie sich die
Muslime die Krawatten umbinden, dann empfinden Nichtmuslime allein aus
diesen
Umständen, dass Islam ja nicht richtig sein kann.
Sieht man jedoch diejenigen westlich-ästhetisch-fähigen "muslimischen" Künstlerinnen, die Islam
irgendwie zur Klischeebestätigung für Nichtmuslime darstellen/verkaufen,
dann werden sie schnell hervorgehoben und geehrt. Ich hielt einmal einen Vortrag in der Kunstakademie Wien
über "Islamic-art-tools"; derjenige, der von den Zuhörern am wenigsten mit
dem Vortrag anfangen konnte, das war ein Immigrant, der vor den
schiitischen "Mullahs" in den europäischen "Kunstraum" flüchtete
um ausgerechnet
dort wieder einen "Mullah" als Lehrer der Kunst vorgesetzt zu
bekommen.
Muhammad Müller,
Juni 1427 (2006)
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