.Krisentourismus - Juli 1981 / 1401
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Eine Reise in der .die Krise des Nahen Osten im Jahr 1981. Die Krise ist das Bühnenbild. Eine Kunstaktion ohne museale Rückendeckung; nicht säkular, sondern echt. Der Künstler - getarnt in kolonialer Forscherkleidung - ist einerseits selbst das Forschungssubjekt und anderseits Feldforscher widersprüchlicher Narrative einer Krise. Teilweise ist diese Arbeit bereits der kongruent Art zuzuordnen.
Mit den geschichtlichen und politischen Zusammenhänge der Krise in der Levante setze ich mich vor der Abreise kaum auseinander. Wer und warum gegen wen kämpft war nicht mein Motive der Krisenforschung, sondern wie kann ich im Krisengebiet mittels Kunst mein eigenes Verhalten erforschen und wie funktioniert Kunst bei Gefahr. Wie ist Kunst in der Krise kommunizierbar?
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Forscher - Krisentourimus
Erforschung des eignen Verhalten in der Krise und Erforschung der Krise mittels Kunst. Zur Ablenkung koloniale Forscherkleidung.
Balkan
Kolonnen anatolischer Fremdarbeiter im ohnehin dichten LKW-Verkehr. Alte und frische Wracks dekorieren die Straßenränder. Ratsstationen kommunistisch, ungepflegt. Müll überall; niemand ist verantwortlich. Ich kenne diese zweispurige .Autoput von früheren Reisen.
Motorschaden
Schaden im Motorraum? Ersatzteile weit ab von einer Stadt. Woher? Kein Werkzeug mitgenommen. Feucht und nebelig. Schlafen neben dem Krisenfahrzeug am Straßenrand. Solche äußeren Umstände verleiten zur ketzerischen Annahme, dass es ein Zufall und nicht Bestimmung sei. Am Morgen einige kleine armselige Häuser im Nebel sichtbar. Dort Hilfe suchen? Ein Mann kam mir entgegen. Ich zeigte ihm den Schaden und er ging zurück zu seinem Wohnhaus, kam mit Werkzeug und montierte einen Ersatzteilähnliches aus seinem Lager. Kostenlos. Kommunismus ist manchmal privat.
Anatolischer Götze
In Anatolien regiert eine nationalistische Militärdiktatur. Gipsgötzen des verstorbenen Führers werden zum Verkauf am Straßenrand angeboten. Je weiter östlich in Kurdistan, desto mehr wird unser Krisenfahrzeug an Militärcheckpoints untersucht. Kurdistan will unabhängig werden. Auf Fragen was ich da mache. sage ich die Wahrheit: Eine Film über mich selbst im Krisengebiet. Wer soll verstehen, wo doch alle politischen Gruppierungen erwarten, dass Reportagen über ihre Wichtigkeit gedreht werden. Unser Reiseziel ist die Levante: Kurdistan, Syrien, Jordanien Palästina, Israel und ein Zedernhain im Libanongebirge.
Syrien
wird von eine, kommunistisch angehauchten Diktator regiert. Islamische Kultur ist so wie in Anatolien nicht wegzudenken, doch der Islam als Wahrheit verboten. Selbst innerhalb von Familien, in den engen Strassen von Damaskus, war die Angst verraten zu werden spürbar. Niemand wagt über Politik zu sprechen. Jeder kann ein Spion sein. Wer verraten wird verschwindet zumindest für ein Jahr. Zu meiner Frau und mir haben unsere Gastgeber etwas Vertrauen im alten Teil von Damaskus, wo über den engen Gassen über sich die Häuser beinahe zusammen wachsen lassem.
Lariid-lil-Naar
Von Syrien über den nördlichsten Grenzübergang in den Libanon. Neben der Straße meterhohe Schneewände. Möglichst nördlich haltend, biege in eine kleinere Straße ab die sich in einen Almweg mit großen Steinen und Furchen verwandelt; bergauf könnte ich hier nicht fahren. Wir erreichen die Küstenstraße nördlich der Stadt Tripoli (Trablous). Ein Bauernhof an der Wegkreuzung. Schafe auf der Wiese. Khalid, der Bauernsohn lädt zu Essen und Nächtig im Wohnzimmer ein. Jetzt ist es Juli und heiß, doch ein breites Metallbecken in der Mitte des mit Vorgängen dunkl gehaltenen Raumes, ist mit teilweise verglühten Lariid-lil-Nariid gefüllt. Das sind fein zerstückelte Dattelkernen, die, wenn einmal entzündet, eine glühende Masse bilden, die sich langsam ausbreutet. Im Winter kann man sich unter einer Decke um das abgasreiche heiße Becken herum wärmen.
Feuerwerk
In der Nacht wird es plötzlich laut. Ich gehe vor das Haus. Khalid ist auch da und holt mich eine schmale Stiege auf das Hausdach. Ich sehe ein Feuerwerk. Khalid weiß, es sind Raketen, welche von einem Kriegsschiff der Zionisten auf ein palästinensisches Flüchtlingslager etwa südlich von uns geschossen werden. Flüchtlingslager? Zum Frühstück kommt ein palästinensischer Freund Khalids aus dem Flüchtlingslager. Der ladet uns ein anzusehen was die Raketen zerstört haben. Ich folge seinem Fahrzeug bis ins Flüchtlingslager. Teetrinken. Wir werden wir in je eine gemauerte, ehemalige Toilette gesperrt, die von den Raketen verschont blieben. Einzelhaft. Alle anderen Gebäude am Platz weggeschossen. In der Nacht wieder Raketeneinschläge in der Nähe. Ein mulmiges Gefühl im Krisentourismus. Am Morgen werde ich aus meinem Gefängnis in einen unterirdischen Bunker geführt. Dort steht der aufgewühlte Reisekoffer. Mein großes, tausendseitiges Notizbuch aufgeschlagen, Filmkamera und Photoapparat daneben. Wozu das alles? Im Notizbuch sind Seitenfüllende Bilder der Präsidenten von Syrien, Irak, Israel, Libanon, Jordanien und Anführern kämpfender Einheiten. Einer sprach englisch. Ich fragte ob er das nicht wisse was das ist. Ich bin Krisentourist. Aber was hat es mit dem Israelischen Adressen im Buch auf sich? Kunstkontakte von Galerien wie etwa "Silberstein". Vielleicht werde ich die Kontakte aufsuchen, für eine Ausstellung nutzen. Meine Erklärungen zum Krisentourismus, einen Film über mich selbst zu machen, versteht niemand. Was soll das sein. Ich denke Tahir weiß jetzt nicht mehr was er herausfinden soll. Er spricht nicht nur englisch, sondern auch extrem schnell Spanisch. Zwischen Palästinenser und Arabersein und Kommunismus. Ich sage das ich Muslim bin. Islam gilt in Tahirs Gruppe als Unsinn. Dschihaad ist zur Befreiung Palästinas. Hat nichts mit Islam zu tun. Nach einem gewissen Psychoknackpunkt löst sich die angespannte Atmosphäre. Ich nehme nun das Fragen in die Hand. Meiner Frau wurde aus dem Verlies geholt. Den Koffer kann ich wieder einpacken und Tahir hilft mir über eine steile Sriege aus dem Bunker bis zum Krisenfahrzeug.
Der Umweg ist der kürzeste Weg
Ich will jetzt nach Trablous (Tripoli) und dann nach Beirut fahren. Ein kurzes Stück entlang der Küste. Von Trablous (Tripoli) habe ich die Adresse Amir's den ich bei einer früheren Reise in Istanbul kennen gelernt hatte. Tahir aber erklärt, dass diese Strecke nicht möglich ist - für ihn nicht möglich ist. Die Falangisten kontrollieren die Küstenstrecke. Sie sind extrem gefährlich. Ich habe keine Ahnung wer Falangisten sind. Für uns ahnungslose Krisentouristen wohl nicht gefährlicher als Tahir's kommunistische Gruppe. Womöglich kämpfen alle für ein gleiches Ziel. Auf der Karte ist der Libanon etwa so groß wie die Steiermark. Hinter dem palästinensischen Geländewagen, weg von der Küstenstraße in die Berge. Für Tahir ist dieser Umweg der kürzeste Weg um nach Beirut zu kommen. Er will überleben. Plötzlich sehe ich den Zedernhain etwas entfernt von der Straße. Da muss ich ich später wieder herkommen, teile meine Krisenpläne aber nicht mit. Tahir bleibt beim Gastgarten unter einer angeblich 5000 Jahre alten, extrem dicken Zeder stehen. Mit ihren ausladenden Zweigen wirft sie einen breiten Schatten über unseren Frühstückstisch. Es ist nicht heiß hoch im Gebirge aber die Sonne sticht. Am Tisch viele kleine Leckerbissen, rohe Leberstückchen mit hauchdünnen Fladenbrot und Tahir's geliebter Maschinenpistole. Reine Luft und Schneereste auf den Gipfeln. Wir sind die einzigen Gäste in der Krise. Der Libanon ist bis auf uns touristenfrei. Überall sind Feinde. Tahir strahlt ständige Gefahr als Lebensqualität aus. Sein Begleiter Saad etwas abgeschwächt schussbereit. Prächtigstes Wetter, Höhensonne, Photographieren und Filmen ist verdächtig. Ich kann ja doch ein Spion oder Feind sein. Ich sage Tahir, dass ich Arafat, den Palästinenserführer treffen will. Ok, er will mich in Beirut in dessen Bunker einschleusen. Aktuell ist Arafat aber noch im Ausland. Weiter auf in Richtung Beirut. Wir trennen uns an einer Wegkreuzung. Tahir gibt mir seine Kontaktadresse mit Telefonnummer in Beirut.
Es gibt keine Zufälle
Weiter bergab nach Trablous. Am Stadtrand von Trablous Wegweiser. Drei Burschen schlendern am Straßenrand. Ich halte ihnen den Zettel mit der arabisch geschriebenen Adresse, die mir Amir vor einigen Jahren in Istanbul gegeben hatte. Einigen Jahre zuvor, nahm mich ein Anatolier als Autostopper mit. Er bot mir zweihundert Dollar wenn ich ihm den Merzedes - in welchem wir gerade saßen - nach Istanbul fahre. Gerne, denn ich selbst hatte nur hundert Dollar zwischen Müll am Boden der kommunistischen Raststation. Mir gefiel das. An der türkischen Grenze bekam ich Autopapiere auf meinen Namen vom Chef und ein Stempel mit "Autoeinfuhr-Vermerk" vom Grenzbeamten in meinen Reisepass. Amir schmuggelte einen Lastwagen. In Istanbul blieben wir für ein par Tage in Kontakt. Ich kassierte die zweihundert Dollar, verlor meinen Reisepass und besorgte einen Neuen auf der Botschaft. Für Amir war das komplizierter; er musste sich von Spezilisten die Eintragung im Reisepass entfernen lassen. Er schrieb mir seine Adresse von Trablous (Tripoli) auf einen kleinen Zettel, welchen ich nun zum Fenster hinaushalte. Einer liest die arabisch geschrieben Adresse. Der Leser bückt sich um mich im Auto sehen zu können und sagt, ich bin Amir. Er ist gerade auf Kurzurlaub im Libanon. Gibt es Zufälle. Nein. Alles ist vorbestimmt, aber nur selten wird es einem so deutlich gezeigt. So eine Erfahrungen produziert im Herzen die Sicherheit, dass das Unsichtbare existiert.
Trablous
... ist 30.km von Flüchtlingslager entfernt und mit Umweg hundert. Die Adresse war die seiner Schwester, deren Mann als Kapitän auf Hoher See, meine Frau blieb bei ihr. Mit Amir fuhr ich zur felsigen Küste wo wir Faizal trafen. Aus dem Meer ragten flache Steinbänder knapp über die Wasseroberfläche. Faizal hatte Fischleine, Angelhacken und Köder. An Steinbrocken banden wir 5 Meter Fischleine fest und am anderen Ende den Angelhacken mit Köder. Wir tauchten etwa fünf Metern neben den steilen Felswänden hinunter, legten diese Fallen aus und beobachteten oben schwimmend mit Taucherbrille ob ein Fisch anbeißt. Ich sah viele Fische die wir braten wollten. Faizal hatte schon den erste Fisch heraufgetaucht. Bei mir bis eine gut 2 Meter große Muräne an. Nicht hinuntertauchen, zu gefährlich, beißt sofort zu, ist giftig, sagte Faizal. Bis heute bin ich deshalb in der Krise. Wie kann ich das Tier mit dem Hacken im Maul zurücklassen? Durch die Strassen von Trablous fahren Lastwägen und sprühten alles einräucherndes Gift gegen Myriaden von Moskitos. Wir benützten unser Moskitonetz in der Wohnung von Amirs Schwester.
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Die Küstenstrasse von Trablous nach Beirut ist wegen Kämpfen derzeit unpassierbar. Checkposts und Umwege wie üblich bis in das Zentrum von Beirut. Die Hamra Street ist die belebteste Geschäftsstrasse in Beirut. Herberge mit Hof und Palmen, rückversetzt von der Straße. Keine Gäste außer uns. Von diesem Quartier aus mache ich mich auf Suche für einen geeigneten Ort zur Installation des "Office for CrisesTourism". Mit dem Krisenfahrzeug und zu Fuß. Die Hamra ist lang und fast täglich explodiert hier irgendwo eine Autobombe oder es kommt eine israelische Bomben aus der Luft. Ich kann die Explosionen am Geräusch unterscheiden. Bei Flugzeugbomben hört man zuerst einen Knall in der Luft und etwas später kommt der Knall der Explosion am Boden. Bei den Autobomben gibt es nur die Explosion, meist geringer. Einen Stempel für "CrisesTourism" auf englisch und einen für "Sufi Babel" auf Arabisch lasse ich in einem der vielen kleinen Geschäfte anfertigen. Täglich Kichererbsebrei aus der Dose mit Tahine, Olivenöl und Fladenbrot oder Falafal vom Straßenverkauf. Tee mit süßer Kondensmilch. Alles schmeckte köstlich.
In Al Rouche, ein Gebiet in dem die Küstenstraße Beiruts verläuft, finde ich das perfekte Gebäude am idealen Platz für die Installation des "Office for Crises Tourism". Hier war einst die Luxuspromenade von Beirut voll mit Kaffeehäusern, Hotels und wohlhabende arabischen Touristen. Jetzt ist hier die Feuerlinie. Rundum Ruinen und Schutthäufen in kaum befahrenen oder nicht befahrbaren Straßen. Nicht weit weg auch ein romantischer Lagerplatz mit Baum, direkt am Mittelmeer, unbezahlbar und umgeben von dekorativen Straßenblokaden mit bewaffneten Kommandos. Wir ziehen sofort von der Herberge um. Ich kümmere mich nicht darum welche CheckPoints welcher Gruppe zuzuordnen sind, so wie ich mich generell nicht für die Hintergründe der sich kämpfenden Gruppierungen interessiere. Alles wird zur Kulisse im Krisentourismus. Wie üblich spanne ich das Moskitonetz für eine ruhige Nach auf. An Explosionsgeräusche kann man sich gewöhnen, an den Ton anfliegenden Moskitos nicht. Wir sollten hier nicht schlafen sagt einer vom nächsten Checkpoint. Dieser Gegend ist zu gefährlich. Wir bleiben aber. Nächsten Morgen installiere ich das "Office for Crisis Tourism" indem ich mit schwarzer Farbe in großen Buchstaben: "OFFICE CRISES TOURISM" auf die Mauer am Dach eines ehemaligen, nun schwer beschädigten Promenadencafe male. Etwas zurückversetzt auch die Buchstaben IUPA. (Institute for Unknown Political Affairs). Alles von weitem gut sichtbar. Erst nach Rückkehr von meiner Reise in das besetzte Palästina (Israel) pflanze ich links und rechts vom Eingang des "Office for Crisis Tourism" zwei der vier aus Israel geschmuggelten Zedern zwecks Aufforstung des Libanon. Ein Journalist veröffentlicht einen Artikel zum Krisentourismus in einer arabischsprachigen Tageszeitung. Es zeigt, dass das Interesse an Kunst in einem Bürgerkrieg nicht ganz ausgestirbt. Ein Dokumentarfilmer aus Beirut besuchte seine Heimat und dokumentierte die vielfältigen Spuren des Krieges. Er kam auch zum "Office for Crisistourism". Siehe Aljazeera - Beitrag (CrisisOffice bei 2:52) Telefonisch vereinbare ich mit Karel Dudesek von Beirut aus, dass er auch in Irland ein Belfast Office for CrisesTourism installiert. Dieses Office liegt, wie das in Beirut, ebenfalls an einer der Hauptfeuerlinien des Nordirlandkonflikts.
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Vor meiner Abfahrt in das Krisengebiet erfuhr ich von "Kamal Fouad Jumblatt", einem Drusenführer im Libanon. Ich plante ihn - so wie auch Yasser Arafat - zu treffen, denn er ist angeblich an Kunst und Religionen interessiert. Ich sah ein Bild seines Wohnzimmer mit einer Buddha Statue, was wohl sehr unüblich in einem arabisch dominierten Gebiet ist. Drusen sind eine ursprünglich schiitische Abspaltung, die mit dem Islam eher nichts mehr zu tun haben. Unangemeldet fahren wir zu seinem Schloss in Mukhtara im Chouf, welches von Beirut aus ca. 70 km im südlichen Ausläufer des Libanongebirges liegt. Im Vorhof Wachpersonal. Funkmeldung. Wir werden weiter geführt. Es istb aber nicht Kamal Fouad Jumblatt - der wurde ermordet - der uns begrüßt, sondern seinem Sohn Walid Jumblatt, der die politische Drusenführung von seinem Vater übernommen hatte. Ein Bewaffneter ist ständig anwesend. Walid führt uns in einen Salon mit bequemen Fauteuils, lässt sich einen weißen Tropenhelm bringen um zu unserem Outfit zu passen. Rotwein und Zigarre werden serviert. Essen später. Ich erkläre Walid den Krisentourismus als Selbsterforschung im Kontext der Krise und die dafür notwendige Interaktionen mit ihm. Smalltalk ist nicht der Sinn. Parallel zu unseren Besuch findet eine Versammlung mit den religiösen Drusenführern statt. Mit Walid gehen wir einen orientalischen Verhandlungsraum mit vielen Fenstern. Die Würdenträger warten hier bereits. Wir sitzen gegenüber. Gespräche finden statt. Ich erkläre Walid, dass nun der richtige Moment für unser aktive Intervention in der Politik gekommen sei, und meine Frau ihm ein Schnurbarthaar vor laufender Kamera auszupfen müsse. Er ist einverstanden, bittet aber diese Aktion erst dann durchzuführen, wenn die Würdenträger wieder gegangen sind, was dann auch geschah.
Krisenstab bzw. Modell des U-Boots aus Zedernholz.
Der Libanon ist seit langem abgeholzt. 1981 gibt es einen kleinen geschützten Zedernhain In etwa 2000.m Seehöhe, nahe Bisharre im Libanongebirge. Dort stehen große, sehr alte Zedern. Ein mächtiger Stamm liegt quer über einen Graben im Zedernhain als ob er für mich bereitgestellt worden wäre. Ich beabsichtige den Stamm auszuhöhlen um damit als Unterseeboot nach Amerika zu tauchen, wobei "Amerika" hier als Symbol für den modernen Kolonialismus steht und die Unterstützung der Zionisten steht. Nachdem was ich bisher im Krisentourismus gesehen und erlebt habe, ist Amerika Hauptsponsor der gesamten Krise im Nahen Osten. Für diese Arbeit schlage ich unser Camp im duftenden Zedernhain auf. Sobald das U-Boot fertig sein wird, muss ich es noch aus dem Gebirge bis zum Meer transportieren, was auf der eher schmalen, kurvigen Straße eine Herausforderung sein wird. Mit dem U-Boot aber, mit dem kann ich - so Gott will - unbemerkt die Wahrheit in die verschlossenen Herzen schmuggeln und für echte Lebensqualität öffnen. Nur so könnte die Krise im Nahen Osten dauerhaft befriedet werden.
Unser Lager zwischen duftende Zedern, Moskitonetz, der Koffer, Lagerfeuer, Teekessel, Schmetterlinge, Prozessionsraupe, Ameisen und Pyramidenspiel. Die große Zeder ist durch Blitzschlag umgestürzt sagt mir der freundliche, hilfsbereite Forstaufseher. Sehr frisches Holz. Hier im Zedernwald, hoch oben in den Bergen kann ich nichts von der Krise spüren, nur dass der Zedernhain Eigentum der Maronitischen Kirche ist. Der Bischof lehnt es ab mir den Zedernstamm zu verkaufen. Er will aus dem Holz geschnitzte Souvenirs an Touristen verkaufen, wenn diese nach der Krise wieder kommen. Die nicht zum U-Boot gewordene Zeder bleibt liegen. - Es gibt keine Zufälle. In einer Baumschule in Israels Norden werde ich junge Zedern zur Aufforstung des Libanons zu besorgen. Eine Zeder aber werde ich - so Gott will - als wachsendes U-Boot nach Europa schmuggeln und dort ansetzen.
Die Wälder mit den berühmten Zedern des historischen Libanon wurden früher für Tempel- und Schiffsbau großflächig abgeholzt. 1981 gab es nur noch einen kleinen Zedernhain, ein geschütztes Reservat, oberhalb von Bscharri im Wadi Qadisha, wo laut altem Testament die „Zedern des Herrn“ am Berg Makme stehen. Die Baumgruppe im Hain besteht angeblich aus 375 Bäumen, wovon einige als die Ältesten der Region gelten. Zwei von ihnen sollen 3000 Jahre, zehn weitere Bäume über 1000 Jahre alt sein. Diese Zedern wachsen auf einer Höhe von 2000.m über dem Meer. Von dem Zedernhain bietet sich an klaren Tagen ein Blick auf das Mittelmeer bis nach Zypern. Die Zeder (lateinisch Cedrus) ist ein Baum, der eine Gattung in der Familie der Kieferngewächse bildet. mehr erfahren.
Alles hierarchisch geschaffen. Trotzdem versucht der Mensch gegen diese Ordnung zu rebellieren. Eine Form dieser Rebellion ist das Pyramidenspiel, wo diejenigen, die das nicht rechtzeitig sehen, verlieren. Der Betrug stellt sich meist durch Zahlen dar, doch ´sind diese oberflächlichen Wirtschaftdaten ein Hinweis auf tiefere Ebenen des Pyramidenspiels der Seelen.
.Die Pyramide habe ich als Gleichnis zur Machtstruktur aller Krisen gebaut und der Mensch ist in einer ständigen Krise die er als irrtümlich Fortschritt erlebt. Die unteren Steine müssen die oberen tragen und nur wer ganz oben ist, der ist in seiner Illusion mächtig oder Gewinner. Die Assoziationen zu Pyramiden sind ein weites Feld. Wer auch immer auf ein Pyramidenspiel setzt, der wird - nach einem möglichen Höhenflug auf Kosten anderer - letztlich zum Verlierer wie die Pharaonen. Die Beispiele aus der Wirtschaft sind gut bekannt und gut verdrängt. Das spirituelle Pyramidenspiel aber, das ist ein Werkzeug des Schaitdaan (Teufels) und für den Wanderer ein Irrweg. So wie der wirtschaftliche Gewinner im Pyramidenspiel sich selbst betrügt ohne es zu bemerken, so betrügt sich auch der spirituelle Wanderer ohne es zu bemerken, insbesondere dann, wenn er meint, dass er durch seinen eigenen Anstrengungen etwas erreicht hat.
Hafen Libanon. Ein Holzkahn pendelt mit Segel und Motor zwischen Trablous und Alexandria und wartet auf das Beladen mit Süßholz aus Syrien. Der Kapitän willigt ein uns mitzunehmen. Das Krisenfahrzeug hätte zwar Platz am Deck, doch die Hafenbehörde brauchen zu viele Dokumente. In Ägypten fliegen amerikanische Kampfhubschrauber über die Pyramiden. Aus Freundschaft. Pyramidentouristen gibt es jetzt kaum; zuviel Krise. Unsere Vorbereitungen sind heikel. Unsere Kunst ist illegal und versteht ohnehin niemand. Die Wachen sind unaufmerksam. Zwei speziell konstruierte Telefonapparate sind von Grabkammer zu Grabkammer mit einem fast unsichtbar dünnen Kabel zu verbinden. Es ist Nacht. In einer der Grabkammern liegt meine Frau und in der anderen liege ich. Das Grabkammerngeflüster beginnt und endet. Am besten nichts darüber berichten.
Zigarettenverkäufer
Um vom Libanon nach Israel, also in das Gebiet, aus welchem die Flüchtlinge im Libanon stammen, zu kommen, muss ich über Syrien und Jordanien fahren, denn nur von dort aus besteht die Möglichkeit nach Israel am Landweg einzureisen. In Damaskus, habe ich früher gesehen wie vermutlich aus dem Libanon geschmuggelte Zigaretten zum Verkauf auf der Strasse angeboten werden. Mein Budget ist in der Krise und will es aufbessern. Also kaufe ich Zigaretten und schmuggle diese aus dem Libanon nach Syrien. Am Platz vor unserem Hotel verkaufe ich als Marktschreier Zigaretten. Funktioniert, fühlt sich aber sonderbar an, denn die Polizei kann jederzeit kommen und in ganz Damaskus weiß niemand das es sich um Kunst handelt. Ich verspüre in eine versteckte koloniale Arroganz in mir, die nicht mit diesem Job zusammenpasst. Alle Zigaretten verkauft.
Musealisierte Nomaden
Nomaden gibt es nicht mehr in der Levante. So hat man ein Museum errichtet. Es fällt nicht auf wenn wir uns im musealen Sperrgebiet zu den Figuren setzen.
Jerusalem 1981 Krisentourismus
An der Jordanisch-Israelischen Grenze stelle ich unser Krisenfahrzeug ab. Wir bekommen keinen Israel-Stempel in den Reisepass, damit wir wieder in Syrien und Libanon einreisen können. Ein Bus bringt uns nach Tel Aviv. Beim Aussteigen am Busbahnhof steht mir einen Kiosk mit Pornographie gegenüber. Wir steigen in ein Taxi, das uns nach Jerusalem führt.
Der arabische Taxifahrer, der uns von Tel Aviv nach Jerusalem führt, ladet uns 1981 ein, in seinem Haus in Jerusalem zu wohnen. Als Afrikanische Muslime wären wir wohl nicht eingeladen worden. Er sagt, er ist liberaler Muslim. Er versuche Israel auch positiv zu sehen. Er sagt, dass die Taxis in Tel Aviv wegen der salzigen Meeresluft schnell verrosten, nicht aber in Jerusalem. Wir, meine Frau und ich, gehen zum Felsendom. Um den Felsbrocken, von dem aus Muhammad - der Friede und Segen Allahs seien auf ihm - seine Himmelsreise begann, dichtes Gedränge. Eine Frau sagt zu mir im Vorbeidrängen: "Jahud" (Jude), als ob sie mich meiner kolonialen Tracht wegen entlarve, denn Juden dürfen hier nicht hinein. Der spirituelle Kern der Krise ist zu spüren, wenngleich ich ihn noch nicht verstehe. Wir beten in der nahe gelegnen Al-Aqsa-Moschee. Die Bedeutung dieser berühmten Gebäude kenne ich nur begrenzt. Ein Graffiti, vermutlich auf einer Synagogenwand: "Zionismus und Judentum sind diametral entgegengesetzt". Das verstehe ich nicht; noch nicht. Ein Hinweis zum Nachforschen. Nicht weit weg davon, in einer der berühmten alten Gassen, tönt aus einem Hauseingang ein englischsprachiger Vortrag. Ich gehe tiefer in den Durchgang bis ich über einen Hinterhof in einen Raum mit etwa 70 auf Sesseln sitzenden Zuhörern, vermutlich amerikanisch-jüdische Studenten, eintrete. Diese hören - wie ich später lernte - einem zionistischen Rabbi (Meir_Kahane) zu. Als Europäer bin ich als Muslim nicht erkennbar. Ich setzte mich in die Reihen und höre erstaunt zu. Der Vortrag erinnert mich an Hitler: "Es ist sicherlich an der Zeit, dass die Juden, die über die enorme Zunahme der Araber in Israel besorgt sind, darüber nachdenken, den vor 35 Jahren begonnenen Bevölkerungsaustausch zu beenden." (Surely it is time for Jews, worried over the huge growth of Arabs in Israel, to consider finishing the exchange of populations that began 35 years ago.) Mit "Austausch" ist die Vertreibung und/oder die Ermordung von Palästinensern mit Waffengewalt gemeint, wie aus weiteren Worten deutlich wird. Die zionistischen Behörden behelligen diesen "Nazi" offensichtlich nicht. Als Nachkriegsgeborener wurde mir ein falsches Narrativ erzählt; unabsichtlich wurde ich als "Zionist" erzogen ohne dass diese Wort ausgesprochen oder angedacht wurden. Ich erinnere mich, kurzfristig den Gedanken gehabt zu haben, mich in einem Kibbutz zu engagieren; damit war ich nicht allein. Ich kannte die grauenvollen Bilder aus den Konzentrationslagern. Meine Verwandtschaft ist wegen NS-Opposition oder Abstammung teilweise geflüchtet, ermordet worden. Nach diesem Vortrag kann ich meine neutrale Einstellung gegenüber Israel, die ich ursprünglich als Teil der Kulisse meines Krisentourismus einnahm, moralisch nicht mehr aufrechterhalten. Ich kann den Unterschied zwischen Juden und Zionisten nicht verstehen. Forschung wird notwendig. Sicher ist, dass zionistische Juden nicht in ein unbewohntes Land - dass sie begrünt haben - gekommen sind, so wie mir das als als Jugendlicher vermittelt wurde. In der Nachkriegszeit hatten Österreicher und generell Europäer andere Sorgen und kaum Zeit oder Möglichkeiten, sich mit der Geschichte Palästinas zu befassen. Es bestand auch ein Verdrängungszustand wegen der eigenen Nazigeschichte, da noch fast alle aktiven Nazis am Leben waren. In Jerusalem wird mir klar, dass ich die Geschichte Palästinas nur sehr verzehrt bzw. gar nicht kenne; westliche Erziehung, koloniale Hirnwäsche; weit weg um Judentum und Zionismus unterscheiden zu können. Vor Abreise in den Krisentourismus bekomme ich die Adresse eines Suufis, der am Ölberg lebt. Ein bereits voller Bus nimmt mich per Anhalter mit. Ich erfahre, alle fahren zu einem Kibbutz; wohl Siedler. Ich komme ins Gespräch und versuche meinen Krisentourismus zu erklären. Dann sage ich, dass ich Muslim bin und werde darauf aus dem Bus gestoßen. Langsam beginne ich zu begreifen, dass Zionisten eine Sekte im Gewand des Judentums sind. Die Verbrechen an der palästinensischen Bevölkerung werden in den europäischen Medien geschickt unterdrückt; die Wahrheit verdreht. Amerika ist Hauptsponsor des zionistischen Terrors bzw. Kolonialismus. Ich weiß noch nicht, dass Zionisten alle "Nichtjuden" (גוים gójim) als menschliche Nutztiere betrachten, die man jederzeit töten kann, denn sie könnten ja gefährlich werden sofern sie es nicht schon sind. Viele Menschen im "Westen" - so wie ich - haben die Lügen vom "Land ohne Volk für ein Volk ohne Land" und "Juden kommen in ihr Heimatland zurück" usf. erzählt bekommen und auch geglaubt, nie hinterfragt. Hirnwäsche pur. Ich erfahre, dass vor dem zionistischen Terrorismus, Juden, Muslime und Christen in Palästina Frieden miteinander lebten. Religion ist nicht Staat. Mit vagen metaphysischen Vorstellungen finde ich den Ssuufi am Ölberg; er lebt in einem kleinem Haus, umgeben von Weingärten; ich weiße noch nicht was "Ssuufi" sein bedeutet. Wir trinken Tee. Er lebt - wie alle Muslime im zionistisch besetzten Palästina - in ständiger Gefahr verhaftet zu werden.
Juli und sehr heiß in der prallen Sonne. Rückreisend vom zionistische besetzten Palästina, die Aktion "Butter am Kopf" im Amphitheater von Jerrash (Gerasa), wo sich einst die Römer mit dem sich gegenseitigen Umbringen der Sklaven eine unterhalten haben. Heute gibt es die Fernsehunterhaltung zum Ermorden der Palästinenser. Jerrash liegt im im heutigen Jordanien, was ist ein Produkt der Kolonialmächte ist.
Die vier geschmuggelten kleinen Zedern stehen vor vor mir und auf meinem Kopf ist ein großer Klumpen Butter. So halte ich den Vortrag: "Wer Butter auf dem Kopf hat, der soll nicht in die Sonne gehen". Der Vortrag endet mit dem Schmelzen der Butter. Diese umgangssprachliche Redewendung ist besonders im süddeutschen und österreichischen Sprachraum lebendig und steht für »schlechtes Gewissen haben« wenn - dem früheren Brauch der Bauersfrauen entsprechend - die Butter wie auch andere Waren in einem Korb auf dem Kopf zum Markt getragen wurden und dabei die Butter - die zum Verkauf getragen wird - in der Sonne schmolz. Meine "Ware" ist jetzt das Erkenntnis, welches ich vor allem in Jerusalem bei dem Vortrag ansatzweise gewonnen habe. Mit meiner Ansprache übergeben das Erkenntnis der Zeder, welche ich nach Europa schmuggeln will.
Aley
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Ali, ein sechzehnjähriger Libanese mit Bartansatz spricht mich nahe unserer Herberge in Beiruts Hamra Street an. Ohne Rücksprache mit seiner Familie lädr er uns nach Aley, einer kleinen Stadt in der bereits ansteigenden Berglandschaft 20km östlich von Beirut, zu sich nach Hause ein. Interesse mit Europäern in Kontakt zu kommen? Unsere Tropenhelme sind auffällig. Von Beirut bis Aley gibt es zumindest fünf bewaffnete Kontrollen. Wir sind jetzt Gäste. Mutter, drei Töchter und Ali. Der Vater ist geschäftlich unterwegs. Wunderbares Essen. Wir befinden uns wieder einmal im Komfortbereich. Ein günstiger Zeitpunkt zu Ruhe, denn meine Frau ist schwanger und will essen was es nicht gibt. Das ist eine eigne Krise. Das Haus hat die Familie wegen der Gefahren in Beirut - wo sie in der Schulzeit normalerweise in einem Hochhaus wohnen - nur gemietet. Ein Zimmer wird uns zur Verfügung gestellt. Krise: Meine Frau ist schwanger und will kotzen oder essen was es hier nicht gibt.
Publik Relation
Werbubg für Krisentoursmus; Rückkoppelung mit der Kunstwelt Europas.
Zahnbürste
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In Beirut treffen wir Tahir, er wohnt mit seinen Kampfgruppe in einem Hochhaus. Er selbst ist vom Geimdienst. Er hatte mir bei unserer Fahrt über die Berge zugesagt, mich in Arafat's Bunker einzuschleusen, denn ichwill ihn über den Krisentourismus unterrichten. Wie würde das erklärt werden? Tahir spricht jetzt noch schneller spanisch mit seinem Kollegen aus der Kubanischer Studienzeit. Arafat ist noch immer im Ausland. Also kein Treffen. Dafür besuchen wir den Chef seiner Gruppe. Wieder ein Hochhaus. Mit Lift in den zehnten Stock. Kein Stromausfall. Die Chewwohnung ist verdunkelt. Ständig Nachrichten im Fernsehen. Kein Licht ist von Außen zu sehen. Niemand weiß ob wer zu hause ist. Israelische Raketen könnten ihn jederzeit treffen. Arabischer Nationalismus gepaart mit Dschihaad. Vom Islam nichts zu bemerken. Ich sehen nie jemand beten. Die Rückeroberung Palästinas ist Thema. Nach Kaffee wieder zurück in das Hauptquartier von Tahir. In diesem Hochhaus dürften Kommandos leben. Waffen überall. Ich überlege mir was ich bei einem Luftalarm von meinen Sachen mitnehme sollt. Kaum gedacht, gibt es Alarm. Wir eilen die Stiegen hinunter in den Luftschutzkeller. Nur die Zahnbürste habe ich in der hand; meine Frau gar nichts. Weiterschlafen. Tahir fragt mich zum Frühstück, ob ich morgen mit mein Auto bei einer Hochzeit behilflich sein könnte. Ich willige ein. Mit meiner Frau fahre ich zurück nach Aley. Am Weg die gewohnten Kontrollen.
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Musealisierung der Zerstörung Beiruts mittel Rostschutzfarbenmalerei. Baustahl der aus diesen "Denkmälern der Vernichtung" herausragt bemale ich mit Rostschutzfarbe zur Konservierung. Die Zerstörung durch israelische Bomben gehört in Beirut zum Tagesgeschehen. Ich kann nicht feststellen was wer denkt der meine Rostschutzaktion sieht. Ich kommentiere nicht.
Hochzeit
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Zurück in Beirut, Tahir und zwei andere Hochzeitsgäste steigen zu mir in das Krisenfahrzeug. Hochzeitshalle. Promenadenstraße, wo sie noch befahrbar ist. Meine Fahrgäste sind bereits betrunken und schießen aus dem fahrenden Auto mit ihren Kalaschnikows Salven in die Luft. Mein Hochzeitsservice ist bald fertig und ich mache mich auf den Weg zurück nach Aley. Den ersten Checkpost ist hinter mir. Am Boden neben dem Beifahrersitz liegen Handgranaten. Wenn diese bei einem Checkpost bemerkt werden, nichts würde mir geglaubt werden. Ich werfe im Fahren ein Decke über die Granaten. Stehe bleiben wäre verdächtig. Die Kontrolleure kennen mich schon und lassen mich durch ohne zu kontrollieren. Am nächsten Tag mit versteckten Handgranaten zurück nach Beirut. Alles zurückgegeben. Verabschiedung von Tahir.
Baalbek
Das Syrisches Militär kontrolliert neben Schiitenmilizen und libanesischem Militär die Gegend. Überall Feinde. Römische Tempelreste der Hochebene. Üppige grüne Hanffelder. Manche Felder sind schon trocknet und braun und werden für die Verarbeitung zu Haschisch bereits geerntet. Einen sehr großen Stein, "der schwangere Stein (Hadschar Hibbli)" genannt verwandle ich mittels der Bildhauertechnik des "Draufstehens"-, und eine Steinsäule mittels des "Dazustellens" zu modernen Skulpturen. Was sollte ich den sonst als Künstler mit diesen Steinen machen. Noch besser ist meine übliche Bildhauertechnik des "Ansehens", doch das ist nicht darstellbar.
Syrische Verhaftung + Christliche Gemälde
In einem christlichen Dorf, etwa 7 km Luftlinie vom schiitischen Yamouni, lebt eine christliche Familie. Ein Freund in Österreich, hat mir die Adresse gegeben. Allein, mit einem kleinen Koffer am Kopf gehe ich querfeldein in dies Richtung. Wieder auf der Straße verhaften mich zwei syrische Soldaten und zerwühlen mein Gepäck. Sie sind ungebildet. Mein geringes Arabisch reicht nicht für deren Dialekt. Ein Auto kommt auf der Landstraße. Muss stehen am Checkpoint bleiben. Bald stellt sich heraus. im Fahrzeug sitzt Josef, den ich zu Fuß aufsuchen wollte. Er kennt die zwei Soldaten und bekommt mich bald frei. Später bemerke ich, dass meine Miniaturfilmkamera und viel Aufnahmen fehlen. Im Auto in das nahe gelegne christliches Dorf. Ich richte Grüße von unserem gemeinsamen Bekannten in Graz aus. Josef ist Lehrer in der Dorfschule und sein Vater Kunstmaler, der große Gemälde mit christlichen Motiven malt. Ich verabschiede mich bald um mit meiner Frau wiederzukommen. Da ich selbst als Katholik aufwuchs, waren mir die Motive auf den Gemälden vertraut; die Familie tat sich scher zu begreifen, dass wir als Österreic her Muslime sind. das Auf eignen Wunsch - was noch keiner unserer Gastgeber verstand - schlafen wir nicht im Haus, sondern unterm Sternehimmel in der nahe gelegenen Kirschplantage der Familie; im Moskitonetz. Auch von den besten Kirschen kann man nur begrenzt essen. Mein Frau hatte damals nur selten Appetit.
Ramadaan
Die Familie Sharif zieht im Ramadaan (Fastenmonat) von Aley nach Yammooni, einem kleinen Ort in einem Seitental der Beeka-Ebene. Dort leben die Großeltern. Bauern und jetzt Geschäfte. Die Fläche des Tales ist großteils für die Landwirtschaft genutzt, so das die Häuser in der die ansteigende Umgebung gebaut werden. Für die beliebten, breiten amerikanischen Straßenkreuzer aber ungünstig. Breit sprudelt ein Quelle aus einem waagrecht in der Felswand liegendem Loch. Kaltes, klares Wasser, dass großteils wird quer durch das Tal und dann über die Hügel bis nach Baalbek geleitet wird. Fastend in der Hitze ist Anblick ganz besonders reizvoll. Die Krise der Begierde wird deutlich. Der Gebetsruf ist regelmäßig zu hören. Die Töchter Sadschda und Leila, probieren wer länger wie einen Tag fasteten kann, maximal aber nur die ersten drei Tage. Der ganze Ort ist schiitisch. Ich weiß kaum etwas über den Unterscheid zwischen Schiiten und Sunniten; ich sehe mich nur als Muslim. Meine Frau und ich "wohnen mit Moskitonetz" auf einer Plattform neben dem Haus. Das stickige Wohnzimmer mit den vergoldeten Polstermöbel ist ein ehemaliger Stall. Des Vaters Angestellte füllen in einer Lagerhalle mit Schaufeln die trockenen Blätter und Blüten in Leinensäcke die sie in der Mitte des Raumes aufhängen. Mit Stöcken schlagen sie auf die Säcke bis das getrocknete Harz der Pflanzen auf den Boden gefallen ist. Das wird dann erhitzt und in kleine Leinenbeutel gefüllt und in Platten gepresst und in Lastwagenreifenschläuche exportbereit verschweißt. Von syrischen Militärs verschifft und von ägyptischen Militärs empfangen und in den Handel gebracht. Kichererbsen am Feld sind im Vergleich ein schlechtes Geschäft; zumindest denk der Familienvater - der nicht wegen der Krise, aber wegen seiner Geschäfte - ständig mit einer Pistole dabei hat. Ali, sein Sohn, sollte in Amerika studieren. Zur Unterhaltung zeigt mir Ali das Dynamitfischen im Bach, wobei mehr Fische zerfetzt abgetrieben als gefangen werden. Diese Krise ist unangenehm zu erleben. Der Vater trinkt Whisky, der Großvater aber raucht - am Abend nach dem Fastenbrechen - mit mir zusammen Haschisch. Generationenwechsel?
Regelmäßig gieße ich das kleine U-Boot im heißen Auto. An Grenzen wird vermutlich nach Haschisch gesucht und das U-Boot übersehen.
. Aljazeera - im Beitrag (2:52) ... in diesem Report entdeckte ich das "Office for CrisisTourism".