Der Präsident des Verbandes Europäischer Rabbiner, Pinchas Goldschmidt, hat mit außergewöhnlich drastischen Worten auf das Urteil des Kölner Landgerichts zur Beschneidung von Jungen reagiert. "Sollte das Urteil Bestand haben, sehe ich für die Juden in Deutschland keine Zukunft", sagte Goldschmidt, der Rabbiner Moskaus ist. Er wertete das Urteil als "eine der schwersten Attacken" auf jüdisches Leben in Europa. Nach Ende einer Dringlichkeitssitzung europäischer Rabbiner ergänzte er, das Schächtverbot der Nationalsozialisten sei ein Zeichen für viele Juden gewesen, "wir müssen weg aus Deutschland". Ein Beschneidungsverbot wäre angesichts der Bedeutung dieses Brauchs ein viel stärkeres Zeichen. Weiter sprach Goldschmidt von einer stärker werdenden Tendenz in Europa, religiöse Minderheiten auszugrenzen. Belege dafür seien das Schweizer Minarettverbot, das Burkaverbot in Frankreich und der politische Streit um das Schächten, die religiöse Schlachtung von Tieren, in den Niederlanden. All diese Gesetze hätten das Ziel, einzelne Kulturen oder Zivilisationen auf eine niedrigere Stufe zu stellen und zu begrenzen. Auch aus dem Kölner Urteil spreche eine Haltung, wonach die jüdische oder die Islamische Zivilisation "nicht salonfähig" für Europa seien. Wenn das jetzige Urteil von anderen Gerichten oder in höheren Instanzen bestätigt würde, wäre das "eine Bedrohung für die Gegenwart und Zukunft der jüdischen Gemeinden" in Deutschland.
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