4.1
DSCHANAZAH BEERDIGUNG
VORBEREITUNG UND BEERDIGUNG DES VERSTORBENEN
Die ständige Erinnerung an den Tod und das Wesentliche eines Testamentes bereit
zu haben, ist mustahabb; und dies umzusetzen, wenn der Tod nahe scheint, ist
wadschib.
In einem hadiith wird berichtet, dass jemandem der Rang eines schahiid
(Märtyrers) zuteil wird, wenn er sich täglich 20 Mal an den Tod erinnert.
BEISPIEL: Wenn jemandem der Tod naht, sollte talqiin der kalimahh Schahaadah
gemacht werden (kalimahh sollte laut von den Anwesenden derart vorgetragen
werden, dass der Sterbende mit einstimmt und so die Welt mit der kalimahh auf
den Lippen verlässt. In keinem Fall soll der Sterbende gezwungen werden, die
kalimahh zu rezitieren). Die surahs Yaa Sin und R'ad sollten ebenfalls in seiner
Anwesenheit rezitiert werden. Ist er verschieden, sollten seine Augen und sein
Mund geschlossen werden, und der Tote sollte mit aller gebotenen Eile für das
Begräbnis vorbereitet werden.
BEISPIEL: Bevor der Körper gewaschen wird, (sollte auch der Tisch gewaschen) und
Räucherwerk angebrannt werden. (Nachdem der Tote auf den Tisch gelegt wurde,
sollte der gesamte Schmuck, Perücken, falsche Zähne etc. entfernt werden.) Wenn
die Kleider ausgezogen sind (der Körper der Qiblah zugewandt) und nur mehr die
aurah (Körperzonen, welche nicht öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen)
bedeckt bleiben, sollten alle haqiiqi nadschasah weggewaschen werden. Dann
sollte dem Verstorbenen wudu' gemacht werden (wenn für den Toten zu Lebzeiten
farḍt ßalaah obligatorisch gewesen ist oder er das Pubertätsalter erreicht hat),
obschon es nicht notwendig ist, den Mund und die Nase zu spülen. (Man kann ein
feuchtes Tuch benützen, um Mund und Nase zu reinigen. Ist jemand in dschanaabah,
haid oder nifaas gestorben, sollten Mund und Nasenöffnungen schon ausgespült
werden. Das Bart- und Haupthaar sollte dann (ohne es zu kämmen) mit Duftwasser
gewaschen werden (es kann auch Seife verwendet werden, falls nichts anderes
vorhanden ist. Die Fingernägel oder Haare müssen nicht geschnitten werden).
Danach sollte der Körper des Verstorbenen mit Wasser, in dem die Blätter des
Jujube- oder Lotusbaumes gekocht wurden gewaschen werden (oder mit Wasser
welches irgendwie anders organisch parfümiert wurde).
Gewaschen wird der Körper, indem er zuerst auf die linke Seite gerollt und
rechts (vom Kopf bis zu den Zehen) gewaschen und dann auf die rechte Seite
gerollt und links gewaschen wird, wobei man das Wasser ganz frei über den
gesamten Körper fließen lässt. Nachdem der Körper anschließend in sitzende
Stellung aufgerichtet wurde, sollte langsam über den Bauch nach unten gestrichen
werden, und wenn irgendetwas herauskommt, sollte es weggewaschen werden. Es ist
dann nicht unbedingt notwendig, die gesamte Waschprozedur zu wiederholen (zu
diesem Zeitpunkt ist es angebracht, drei Mal Kampferwasser über den ganzen
Körper auszugiessen). Nachdem der Körper nun abgetrocknet wurde, sollten das
Bart- und Haupthaar parfümiert und Kampfer auf die Körperteile aufgetragen
werden, die in sadschdah mit dem Boden in Berührung kommen. Dann ist der Körper
bereit, mit dem kafan (Totengewand) umgeben zu werden.
Für Männer sind gemäss Imaam Abu Hanifa drei (weiße) Tücher als kafan Sunnah.
Eines (Qamis) reicht bis zur Hälfte der Waden, und die beiden anderen (israar
und Lifaafa) vom Kopf bis zu den Zehen. In einem hadiith ist festgehalten, dass
Rasuulullah, der Friede und Segen Allah’s sei auf ihm, in drei Leichentüchern
begraben wurde und dabei kein Qamis verwendet wurde. (Dieser hadiith geht auf
Aisha (Allah’s Wohlgefallen sei auf ihr) zurück und wurde
von Imaam Shafei für die Empfehlung benutzt, drei Leichentücher gleicher Grösse
zu verwenden. Ein weiterer, von Ibn Abbas überlieferter hadiith berichtet, dass
Rasuulullah, der Friede und Segen Allah’s sei auf ihm, in drei Leichentüchern
beerdigt wurde, von denen eines ein Qamis war. Unter anderem wegen der Tatsache,
dass Ibn Abbas als männlicher Verwandter Zutritt zu den
Beerdigungs-vorbereitungen hatte, hat es die Hanafii Uleema
(Gelehrtengesellschaft) vorgezogen, diesen hadiith gelten zu lassen, und hält
daher einen Qamis für Sunnah.)
(Die masnuun
Methode, den männlichen Körper mit dem kafan zu bekleiden, ist wie folgt:
Man breitet alle drei kafans auf dem Boden, einen über dem anderen, aus. Zuerst
Lifaafa, dann israar und dann Qamis. Dann legt man den Körper darauf, faltet den
Qamis über den Körper und entfernt das Tuch, welches während der Waschung die
aurah (jene Körperteile, welche in der Öffentlichkeit nicht zur Schau gestellt
werden dürfen) bedeckt hat. Dann faltet man die linke Schoss des israar über den
Qamis und dann die rechte. Gleicherweise wird das Lifaafa über das israar
geschlagen. Man verschliesst das Kopf- und Fussende des Lifaafa mit
Stoffbändern. Auch um die Mitte kann man ein Band schlingen, damit der kafan
nicht verrutscht.)
Es ist bid'ah (unzulässige Neueinführung), den Verstorbenen mit einem Turban zu
bekleiden (oder irgendetwas auf den Körper oder kafan zu schreiben).
Sind drei Tücher für die Bestattung nicht vorhanden, werden auch zwei genügen.
Hadrat Hamsa, Allah’s Wohlgefallen sei auf ihm, wurde nur in einem kafan
begraben, der seinen Kopf freigab, wenn man ihn über die Füsse zog und die Füsse
freiliess, wenn man ihn über den Kopf zog. Es wurde schließlich in
Übereinstimmung mit den Anordnungen Rasuulullahs, des nabiy Allah
’s (der Friede und Segen Allah
’s sei auf ihm), der kafan über seinen Kopf
gezogen und seine Füsse mit Gras bedeckt.
Für eine Frau sind noch zwei weitere Leichentücher zusätzlich notwendig: ein
(khimaar oder Schleier), schalähnliches Tuch, in welches ihr Haar eingebunden
wird und welches dann über ihrer Brust gefaltet wird; sowie als zweites ein Sina
Band, um ihre Brüste zu halten, welches ihren Oberkörper bis zu den Schenkeln
bedeckt.
Wenn keine fünf Leichentücher zu Verfügung stehen, ist es ausreichend, sie in
dreien oder so vielen, wie zu besorgen sind, zu begraben.
(masnuun ist es, die weiblichen Tote wie folgt mit dem kafan zu bekleiden:
Man breitet die vier kafans, einen über den anderen auf dem Boden aus - zuerst
Lifaafa, dann Sina Band, dann israar und dann Qamis - und bettet den Körper
darauf. Dann schlägt man das Qamis über den Körper und entfernt das Tuch,
welches ihre aurah bedeckt hat, teilt das Haar in zwei Strähnen, legt es über
die Brust und bedeckt den Kopf und das Haar mit dem khimaar, ohne es zu
befestigen oder einzuschlagen. Dann schlägt man die linke Seite des israar über
das Qamis und khimaar und dann die rechte Seite. Dann verschliesst man das Sina
Band in gleicher Weise über das israar und Lifaafa über das Sina Band. Zuletzt
verschliesst man die Enden des Lifaafa am Kopf- und Fussende mit Stoffbändern.
Man kann auch um die Körpermitte ein Band schlingen, um den kafan festzuhalten.)
BEISPIEL: ghusl,
Ankleidung für die Beerdigung, Verrichtung des dschanazah ßalaah und Dafan
(Beerdigung) der muslimischen Toten sind farḍt ul kifaayah (eine der
Gemeinschaft auferlegte Verpflichtung; wenn es schon nicht für jedes Individuum
vorgeschrieben ist, so haben doch einige aus der Gemeinschaft die Verpflichtung
zu übernehmen. Übernimmt keiner die Ausführung, so haben alle Mitglieder der
Gemeinschaft die Verantwortung dafür zu tragen, dass ein farḍt nicht ausgeführt
wurde. Gleicherweise sind I'tikaaf (Klausur in der Moschee während der letzten
10 Tage im Monat Ramaḍaan), die Gemeinschaft der Muslime zu verteidigen und
Islamisches Wissen zu erwerben farḍt ul kifaayah.)
dschanazah ßalaah darf nicht verrichtet werden, bevor der Körper nicht
ordentlich gebadet und für die Beerdigung, wie oben beschrieben, vorbereitet
wurde.
BEISPIEL: Der
Sultan (oder sonst ein Führer der Muslime) ist die geeignetste Person, die
berechtigt ist, dschanazah ßalaah zu leiten, dann der Qadhi, dann der Imaam der
örtlichen masdschid, dann die engsten Verwandten des Verstorbenen und dann die
fernen Verwandten. Der Imaam sollte eher der Vater als der Sohn des Verstorbenen
sein.
BEISPIEL: Es gibt vier takbiirahahs in dschanazah ßalaah. Nach dem ersten
takbiirahah sollte thanaa rezitiert werden.
Gemäss Imaam Abu Hanifa ist es nicht gestattet, faatiha in dschanazah ßalaah zu
rezitieren. Die meisten anderen Imaame ziehen es jedoch vor, dass faatiha nach
thanaa rezitiert wird.
Nach dem zweiten takbiirahah (durch den Imaam) wird Daaruud rezitiert.
Nach dem dritten takbiirahah wird du'aa' für den Verstorbenen und alle Muslime
wie folgt gesprochen:
"0 Allah
, vergib unseren Lebenden und Toten, den
Anwesenden und Abwesenden, unseren Jungen und Alten, den Männern und Frauen.
0 Allah
, wen Du am Leben hältst, lass ihn im Islam
leben, und wen Du sterben lässt, lass ihn im
Imaan (echter Glaube) sterben."
(Der Imaam und
auch die Muqtadis sprechen diese du'aa' gemeinsam. Wer diese du'aa' oder
irgendeine andere masnuun du'aa', die bei dieser Gelegenheit gesprochen wird
nicht gelernt hat, kann statt dessen faatiha mit der niyyah einer du'aa' (nicht
als Rezitation) sprechen.)
Bei dschanazah eines Kindes muss (nach dem dritten takbiirahah) folgende du'aa'
esprochen werden:
"0 Allah
, mach ihn/sie zur Quelle unseres Heils und
mach ihn/sie zu einer Belohnung und einen Schatz für uns und eine(n)
Fürsprecher(in) und jemanden, dessen Fürsprache angenommen wird."
Nach dem vierten
takbiirahah sagen der Imaam und die Muqtadis einmal nach rechts und einmal nach
links "As Salamu alaikum wa Rahmatullah" (Der Friede und das Erbarmen Allah
’s sei auf euch) (die Muqtadis tun
dies schweigend. Es ist nicht recht, nach dschanazah ßalaah weiter stehen zu
bleiben, um du'aa' zu machen.)
BEISPIEL: Wenn jemand kommt, nachdem der Imaam dschanazah ßalaah begonnen hat
und ein oder mehrere takbiirahahs gesprochen hat, so sollte er warten, bis der
Imaam das nächste takbiirahah spricht und sich dann dem ßalaah hinter ihm
anschließen. Nachdem der Imaam ßalaahm gegeben hat, sollte der Zuspätgekommene
alle Takbis, die er versäumt hat, nachholen (indem er "Allah
u Akbar" (Gott ist größer) für jedes
ausgelassene takbiirahah spricht). Gemäss Imaam Abu Yusuf braucht der
Zuspätgekommene nicht auf das nächste takbiirahah des Imaam zu warten, um sich
anzuschließen, sondern kann sich wie jede Person, die in einem der fünf
täglichen farḍt slaah's tahrimah ("Allah
u Akbar" am Beginn des Gebetes zu sprechen)
des Imaam versäumt hat, sofort anschließen und später die versäumten
takbiirahahs nachholen (die fatwaa ist hier mit Abu Yusuf).
BEISPIEL: Es ist nicht dschaid (zulässig) dschanazah ßalaah auf einem Reittier
zu verrichten (außer es liegt ein triftiger Grund vor. Dasselbe gilt für die
Verrichtung des dschanazah slaah's im Sitzen).
BEISPIEL: Es ist makruh (verpönt, nicht gerne gesehen), dschanazah ßalaah in
einer masdschid zu verrichten.
BEISPIEL: Es ist nicht dschaid, dschanazah ßalaah für jemanden zu verrichten,
der nicht anwesend oder so verstümmelt ist, dass nur mehr die Hälfte seines
Körpers (oder nur der Körper ohne Kopf) vorhanden ist.
BEISPIEL: dschanazah ßalaah kann für ein Neugeborenes verrichtet werden, welches
nach der Geburt laut geschrien hat und dann verstorben ist, aber nicht für ein
Neugeborenes, welches bei der Geburt keinen Laut von sich gegeben hat. (An
diesem Kind sollte jedoch ghusl vorge-nommen werden und es sollte in Tücher
gewickelt und begraben werden.)
BEISPIEL: Ein Kind, welches ohne Vater und Mutter in einem nicht-muslimischen
Territorium gefangen-genommen wurde oder dessen Vater oder Mutter Muslim
geworden ist oder welches selbst bei vollem Verstand den Islam angenommen hat,
hat bei seinem Tod darauf Anspruch, dass für es dschanazah ßalaah verrichtet
wird.
BEISPIEL: Es ist Sunnah, dass vier Personen den Sarg tragen und dies mit
angemessenem Schritt tun (weder laufen noch schleichen und jene, die den Sarg
zum Friedhof begleiten, gehen hinterdrein (machen die ganze Zeit Dhikr) und
setzen sich nicht, bis der Sarg auf die Erde gesetzt wurde.
BEISPIEL: Im Grab (ungefähr so tief gegraben, wie der Verstorbene groß ist)
sollte ein lahd (oder schiq) gemacht werden (lahd ist eine Einbuchtung am Boden
des Grabes, welche sich durch seine ganze Länge zieht und direkt von oben nicht
sichtbar ist. Wo der Boden nicht fest genug ist, eine lahd zu graben, wird ein
schiq gemacht. Dies ist bloss eine Rinne, die am Boden des Grabes verläuft.) Der
Verstorbene sollte in das Grab von der Seite der Qiblah gelegt werden. Dabei
sollten die Worte "Bismillahi wa ala millati Rasuulillahi" (laut) gesprochen
werden. Der Körper sollte der Qiblah zugewendet, (auf die rechte Seite) gelegt
werden.
Wird eine Frau begraben, sollte sie (und jene, die sie begraben) von den anderen
abgeschirmt werden. (Nahe Verwandte können z.B. Tücher von aussen hochhalten.)
Nachdem das lahd entweder mit ungebrannten Ziegeln oder Bambus (oder das schiq
mit Holzbrettern) bedeckt wurde, sollte das Grab mit Erde aufgefüllt und mit
einem kleinen Erdhügel, (nicht höher als 30 Zentimeter) bedeckt werden. Es ist
Sunnah, mit drei Handvoll Erde das Zuschütten des Grabes zu beginnen. Bei der
ersten Handvoll sagt man "Min haa Khalaqnaa"("Woraus wir dich erschaffen
haben"), bei der zweiten "Fihaa Nu'Idu kum" ("Worin wir dich zurückbringen") und
bei der dritten "Wa min haa Nukhriju kum Taaratan Ukhraa" ("Und woraus wir dich
wieder hervorbringen werden").
Es ist makruh, im Grab gebrannte Ziegel, Stöcke oder Kalk zu verwenden.
BEISPIEL: Die erhabenen Kuppeln etc., die über manchen Suufi-Gräbern errichtet
wurden, die Lampen, die man an ihren Gräbern brennen lässt und die vielen
anderen Unsitten, die unter den Muslimen in Mode gekommen sind, sind alle Haram
oder makruh. (Wenn jemand über solche Unsitten im Zweifel ist, sollte er diese
Angelegenheit mit den Gelehrten seiner Gemeinschaft besprechen.)
BEISPIEL: Wenn der Verstorbene begraben wurde, ohne dass dschanazah ßalaah über
ihm verrichtet wurde, kann dies jederzeit bis drei Tage nach der Beerdigung an
seinem Grab nachgeholt werden. Nach drei Tagen ist dschanazah ßalaah hharaam.