Politisch verordnetes Priesteramt?
Gedanken zur Rolle der Imame - von
Sulaiman Wilms, Berlin / 27.04.2006: Kommentar: entnommen
aus der Islamischen Zeitung:
http://Islamische-zeitung.de/?id=7153 |
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Imaamkonferenz
406 Virtuelle Kirche
(Islam. Glaubnesgemeinschaft in Österr.
)
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Die Anerkennung des Islam in Österreich
Am 8. April ging in Wien die „Konferenz Europäischer Imame und
SeelsorgerInnen“ zu Ende. Ganz anders als in Deutschland üblich, war
dies ein repräsentativer Akt, an dem die Spitzen Österreichs
teilnahmen. Da verwundert es nicht, dass manche hierzulande neidisch
auf die kleine Alpenrepublik schielen, die dem gross
en Nachbarn
vorzumachen scheint, wie man auch mit seinen Muslimen - nämlich als
anerkannte Religionsgemeinschaft - umgehen könnte.
Dabei spiegelt die Frage nach unseren Imamen ein Kerndilemma der
Muslime in Westeuropa wider. Einige Stimmen, die sich zu der
Konferenz äusserten, zeigten sich unzufrieden mit dem jetzigen Staus
quo, bei dem viele Vorbeter entweder staatlich bezahlte Angestellte
aus dem Ausland sind oder aber Ideologen, die eher eine politische
Botschaft vertreten als den Kerngehalt Islamischer Lehre und
Ausbildung. Gültig für viele - mitnichten aber für alle - ist, dass
sie in der Regel weder die Sprache ihrer - zumindest zeitweisen -
Heimat wirklich sprechen, noch in ihren Vorträgen und Khutbas auf
die Notwendigkeiten gerade der zweiten oder dritten Generation
eingehen.
Dabei stehen wir vor einem nicht zu unterschätzenden Gegensatz.
Einerseits besteht die offenkundige Notwendigkeit, sich hier in
Europa orientieren zu können und den hiesigen Bedingtheiten sowie
auch den anderen rechtlichen Umständen als in den Ursprungsländern
gerecht zu werden. Andererseits besteht ebenso die - selten
angesprochene - Gefahr, dass eine Institutionalisierung der Imame -
so kursiert in Deutschland seit einigen Tagen die abstruse Idee
einer „Registrierung von Imamen“ - , also ein De-facto-Priesteramt,
die Freiheit der Islamischen Lehre massiv beeinträchtigen würde und
in manchen Fällen auch schon beeinträchtigt. Es gibt in mehreren
europäischen Staaten bereits Ansätze, Imame in staatliche Strukturen
zu zwängen und zu „evaluieren“.
Es ist die zukünftige Aufgabe der hiesigen Imame und Gemeinschaften,
den lähmenden Gegensatz zwischen politisch (das heisst ideologischem
Predigertum) und unpolitisch (das heisst de facto einem Priesteramt)
zu Gunsten eines konstruktiven Ansatzes aufzulösen. Dieses kann nur
in der korrekten Umsetzung der Zakat und den mit ihr verbundenen
Mu’amalat geschehen. Denn diese kann nicht in dem erwähnten
Gegensatz verortet werden, sondern befindet sich an einem dritten
Ort. Man kann die Zakat, immerhin in ihrer Essenz genauso bedeutend
wie das Gebet, eben nicht politisch liberal oder extrem bezahlen,
sondern nur korrekt oder eben nicht.
Die noble Aufgabe, die Muslime im Gebet zu leiten, kann prinzipiell
von vielen wahrgenommen werden und bedarf keiner
institutionalisierten Einrichtung. Normalerweise verrichtet
derjenige diese Funktion, der das beste Wissen vom Qur’an hat und
der bei seinen Leuten am beliebtesten ist. Was wir eher brauchen
anstatt blosser „Vorbeter“, sind Imame, die den Kernbestand des
offenbarten Wissens kennen und diesen nutzbar und anwendbar machen.
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