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Kalender und Zeitrechung im Islam

von Ahmad v. Denffer | Text entnommen bei: http://www.muslimehelfen.de/wissentun/schabaan2.htm.

 

 

"Er ist es, der die Sonne als erhellendes Licht gemacht hat und den Mond als Leuchte, und Er hat für ihn Stationen bemessen, damit ihr die Zahl der Jahre kennt und die Berechnung..." (10:5)

Die Anzahl der Monate bei Allah ist ja zwölf in der Schrift Allahs...“ (9:36)

Der Islam hat seinen eigenen Kalender und seine eigene Zeitrechnung, die unmittelbar auf den Koran zurückgehen. Auch wenn im Alltagsleben vieler Muslime heute der abendländische Kalender in Gebrauch ist, sollte jeder Muslim über den Islamischen Kalender Bescheid wissen und mit der Islamischen Zeitrechnung vertraut sein.

Der Tag

Der Tag beginnt nicht mit der Morgendämmerung oder nach Mitternacht, sondern nachdem die Sonne untergegangen ist, und dauert bis zum nächsten Sonnenuntergang. Die in muslimischen Ländern althergebrachte Zeitrechnung für den Tageslauf war Daarum auch das Zählen von Stunden nach dem Sonnenuntergang. Neun Uhr am Vormittag nach unserer heutigen Zeitrechnung ist demnach, wenn die Sonne beispielsweise genau um 18.00 untergegangen war, die 15. Stunde des Tages. Diese Angabe der Uhrzeit ist inzwischen praktisch auss er Gebrauch, und man rechnet wie überall mit den 24 Stunden des Tages, beginnend um Mitternacht.

Am Tagesbeginn mit Sonnenuntergang halten die Muslime indes weiter fest. Der Freitag beginnt also nach dem Sonnenuntergang am Abend des Vortages, und mit der Zeitangabe "Freitagabend" ist der Abend vor dem Freitag (der hiesige Donnerstag Abend) gemeint. Dies gilt z.B. für das Einhalten von Fastentagen, sei es im Fastenmonat oder auss erhalb. Die nijja (Absicht) zum Fasten während des kommenden Tages wird dann nicht etwa kurz vor Mitternacht gefasst, sondern kurz vor dem Sonnenuntergang, und das Fasten (das ab dem Beginn der Morgendämmerung einzuhalten ist) wird gleichfalls unmittelbar nach dem Sonnenuntergang gebrochen. Auch bei anderen Anlässen, z.B. während der Wallfahrt, werden Beginn und Ende des Tages entsprechend angesetzt.

Die Wochentage

Die Woche umfasst sieben Tage (arab. Jaum, Mz. ajjam), deren arabischsprachiger Bezeichnung mit Ausnahme des Freitags jeweils eine Zahl zugrunde liegt. Im Koran sind davon nur der Freitag und der Samstag direkt genannt:

jaumu-l-ahad – erster Tag (Sonntag)
jaumu-l-ithnain – zweiter Tag (Montag)
jaumu-thalaatha – dritter Tag (Dienstag)
jaumu-l-arba`a – vierter Tag (Mittwoch)
jaumu-l-chaamis – fünfter Tag (Donnerstag)
jaumu-l-dschumu`a - Tag der Versammlung (Freitag)
jaumu-s-sabt – siebter Tag (Samstag).

Freitag (jaumu-l-dschumu`a) ist der herausragende Wochentag. An diesem Tag findet in der Mittagzeit das wöchentliche Gemeinschaftsgebet mit Predigt in der Moschee statt. An vielen Orten in der muslimischen Welt ist der Freitag Daarum auch der wöchentliche Markttag. Einen Ruuhhetag wie den Sabbat oder Sonntag kennt der Islamische Kalender nicht. Das Alltagsleben ist Daarum zwar zur Zeit des Freitagsgottesdienst unterbrochen, nimmt aber zuvor und danach seinen üblichen Lauf. Montag und Donnerstag sind vom Propheten Muhammad (s*) besonders für das freiwillige Fasten empfohlen worden.

Die Monate

Beginn und Ende der Monate (arab. schuhur, Ez. schahr) werden durch das Auftreten der Neumondsichel (hilal) bestimmt. Deshalb bezeichnet man den Islamischen Kalender auch als einen reinen Mondkalander, dessen Monate 29 oder 30 Tage haben, aber nicht 28 oder 31, wie sie im sonst üblichen Sonnenkalender auch vorkommen.
Wird die Neumondsichel in der Abenddämmerung nach dem Sonnenuntergang sichtbar, gilt der vor dem Sonnenuntergang beendete Tag als der letzte des verstrichenen Monats und der mit dem Sonnenuntergang begonnene Tag als der erste des neuen Monats. Das Ausschauhalten nach dem Neumond wird in vielen traditionellen Kreisen bis heute gepflegt, insbesondere anlässlich der Monate mit den gross en Islamischen Festen, doch setzt sich der Gebrauch eines im Voraus berechneten Kalenders immer weiter durch.

Das Ausschauhalten nach dem Neumond des Ramaḍaan gilt als wadschib kifaja, d.h.- Verpflichtung für die Allgemeinheit. Nicht jeder einzelne Muslim, aber mancher von ihnen stellvertretend für die Allgemeinheit muss es tun. Bezeugt wenigstens ein als vertrauenswürdig geltender Zeuge, den Neumond gesehen zu haben, beginnt für die Allgemeinheit die Pflicht zu fasten. Kann der Neumond wegen schlechter Sichtverhältnisse nicht beobachtet werden oder wurde er nicht gesehen, gilt nach einem Wort des Propheten Muhammad (s) die Regel, den zu Ende gehenden Monat mit 30 Tagen zu rechnen und nach dem 30. Tag mit dem ersten Tag des neuen Monats zu beginnen.

Der Islamische Kalender hat zwölf Monate. Ihre Namen sind vorIslamischen Ursprungs und gehen teilweise wohl noch auf einen jahreszeitlichen Kalender zurück. Nach anderer Meinung hängen diese jahreszeitlichen Bezüge nur damit zusammen, dass die betreffenden Monate bei der Kalenderfestsetzung in bestimmte Jahreszeiten fielen. Die zwölf Monate sind:

  1. muharram (von „verboten“, einer der Monate mit Kriegsverbot)

  2. safar (von „gelb“ bzw., „leer“, vielleicht im Sinne von „Hungermonat“).

  3. rabi`u-l-awwal (der erste (Monat des) „Frühling“). Es ist einer der Monate der Geburt und des Todes des Propheten Muhammad (s). Er verstarb am 12. rabi`u-l-awwal im Jahre 11 H.

  4. rabi`u-thani (der zweite (Monat des) „Frühling“), auch rabiû-l-ahir (der letzte (Monat des) "Frühling" genannt).

  5. dschumaada-l-ula (der erste "Härte“ (-Monat), wohl wegen des harten, ausgetrockneten Bodens).

  6. dschumaada-l-achira (bzw. – uchra) (der letzte „Härte“(-Monat), auch dschumaada-thani (der zweite) genannt.

  7. radschab („Ehren“-Monat, in dem Krieg verboten war). Die 27. Nacht dieses Monats gilt als die Nacht der Himmelsreise (mi`radsch) des Propheten Muhammad (s)

  8. scha`ban (von „sich verteilen“/“sich verzweigen“, wohl auf der Suche nach Wasser).

  9. Ramaḍaan (von „brennende Hitze“ der Jahreszeit oder des Fastens). Eine der letzten zehn ungeraden Nächte, man sagt meist die 27. Nacht, ist die „lailatu-I-Qadr - Nacht der Bestimmung", in welcher dem Propheten Muhammad (s) der Koran offenbart wurde. Der Ramaḍaan ist der alljährliche Fastenmonat der Muslime.

  10. schawwal (von „Mangel“, wohl an Kamelmilch). Am ersten Tag dieses Monats wird das „idu-l-fitr - Fest des Fastenbrechens" nach dem Ramaḍaanfasten gefeiert.

  11. dsu-l-qa`da (von”qua`da – Sitzen “. In diesem Monat blieb man zu Hause und es gab, wie auch im folgenden Monat, keine Kriegszüge).

  12. dsu-l-hiddscha (von „HHhadsch - Wallfahrt), der Wallfahrtsmonat, auf dessen neunten Tag der Höhepunkt der alljährlichen Wallfahrt mit dem "wuquf - Verweilen" in 'arafat bei Mekka fällt. Am zehnten Tag wird anschliess end das „`idu-l-adha – Opferfest“ gefeiert.

Die Jahreszählung

Da die Islamischen Monate genau mit dem Auftreten des Neumondes beginnen und teilweise kürzer als die des Sonnenkalenders sind, zählt das Islamische Jahr auch statt 365 Tagen nur 354 Tage. Folglich sind auch Jahresbeginn und - ende beweglich, und die Monate wandern im Laufe der Zeit durch alle Jahreszeiten. Ist der Jahresbeginn des Islamischen Kalenders, der 1. Tag des ersten Monats Muharram, also beispielsweise einmal genau mit dem 1. Januar zusammengefallen, dauert es 33 Sonnenjahre, bis sich diese Übereinstimmung erneut ergibt. Zwischenzeitlich wandert der Jahresanfang des Islamischen Kalenders in jedem Sonnenjahr um etwa 11 Tage nach vorn. Er fällt im Folgejahr also auf den 21. Dezember, im nächsten Jahr auf den 10. Dezember usw. Entsprechend bewegen sich die übrigen Monate und damit auch der Fastenmonat Ramaḍaan und die Islamischen Festtage.

Die Jahrezählung des Islamischen Kalenders beginnt mit dem Jahr der Auswanderung (hidschra) des Propheten Muhammad (s) von Mekka nach Medina, also dem Jahr 622 der abendländischen Zeitrechnung. Daarum spricht man vom Islamischen Kalender auch als dem Hidschra-Kalender und setzt zur Kennzeichnung hinter die Jahreszahl den Buchstaben H. (für: Hidschra) oder die Abkürzung n.d.H. (für: nach der Hidschra).
Da zudem jedes Islamische Jahr nach reinem Mondkalender mit 354 Tagen um 11 Tage kürzer als ein Sonnenkalender mit 365 Tagen ist, bleibt der Abstand zur abendländischen Zeitrechnung nun aber nicht unverändert bei 622 Jahren, sondern verändert sich stetig.

Umrechnung von Jahreszahlen

Um bestimmte Zeitangaben vom Hidschra-Kalender auf den abendländischen Kalender und umgekehrt umzurechnen, gibt es ausführliche Tabellen, die auch die im Mittelalter für den abendländischen Kalender vorgenommenen Kalenderreformen berücksichtigen. Eine ungefähre Berechnung der Jahre lässt sich auch mit folgenden Formeln erreichen:

  1. Umrechnen eines bekannten Hidschra-Jahres in ein unbekanntes Jahr nach abendländischem Kalender: H – H/33 + 622 d.h. Hidschra-Jahr minus 33.Teil des Hidschra-Jahres plus 622.

    Beispiel: Man liest auf dem Einband der hadiith-Sammlung von Tirmidsi, dass der Verfasser von 209 H. bis 279 H. lebte und will der Orientierung halber wissen, welche abendländische Zeitgenossen Tirmidsi hatte: Man rechnet also 209 – 209/33 + 622 = 825 sowie 279 – 279/33 + 622 = 893. Demnach lebte Tirmidsi etwa von 825 bis 893 abendländischer Zeitrechnung. Er ist also ein Zeitgenosse des byzantinischen Mönches Cyrillos, der zur Christianisierung Osteuropas das älteste bekannte slawische Alphabet entwickelte.

  2. Umrechnen eines bekanntes Jahres nach abendländischem Kalender in ein unbekanntes Hidschra-Jahr: A + (A-622)/32 - 622 d.h. Abendländisches Jahr plus (32. Teil des Abendländisches Jahres minus 622) minus 622.

    Beispiel: Man liest, dass Papst Urban II. im Jahre 1095 abendländischer Zeitrechnung zum ersten Kreuzzug gegen die Muslime aufrief und will wissen, wie viele Jahre nach der Hidschra die Kreuzzüge begannen. Man rechnet also: 1095 + (1095-622)/33 x 622 = 487. Die Kreuzzüge begannen demnach also etwa 487 Jahre oder grob gesagt knapp 500 Jahre nach der Hidschra.


* „(s)“: salla llahu alaihi wa sallam (Allah segne ihn und schenke ihm Heil). Segensformel, die nach Islamischem Brauch bei der Erwähnung des Propheten Muhammad gesprochen wird.

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