Kalender und Zeitrechung im Islam
"Er ist es,
der die Sonne als erhellendes Licht gemacht hat und den Mond als
Leuchte, und Er hat für ihn Stationen bemessen, damit ihr die Zahl der
Jahre kennt und die Berechnung..." (10:5)
„Die Anzahl der Monate bei Allah
ist ja
zwölf in der Schrift Allahs...“ (9:36)
Der Islam hat seinen eigenen Kalender und seine eigene
Zeitrechnung, die unmittelbar auf den Koran zurückgehen. Auch wenn im
Alltagsleben vieler Muslime heute der abendländische Kalender in
Gebrauch ist, sollte jeder Muslim über den Islamischen Kalender
Bescheid wissen und mit der Islamischen Zeitrechnung vertraut sein.
Der Tag
Der Tag beginnt nicht mit der Morgendämmerung oder
nach Mitternacht, sondern nachdem die Sonne untergegangen ist, und
dauert bis zum nächsten Sonnenuntergang. Die in muslimischen Ländern
althergebrachte Zeitrechnung für den Tageslauf war Daarum auch das
Zählen von Stunden nach dem Sonnenuntergang. Neun Uhr am Vormittag
nach unserer heutigen Zeitrechnung ist demnach, wenn die Sonne
beispielsweise genau um 18.00 untergegangen war, die 15. Stunde des
Tages. Diese Angabe der Uhrzeit ist inzwischen praktisch auss
er
Gebrauch, und man rechnet wie überall mit den 24 Stunden des Tages,
beginnend um Mitternacht.
Am Tagesbeginn mit Sonnenuntergang halten die Muslime
indes weiter fest. Der Freitag beginnt also nach dem Sonnenuntergang
am Abend des Vortages, und mit der Zeitangabe "Freitagabend" ist der
Abend vor dem Freitag (der hiesige Donnerstag Abend) gemeint. Dies
gilt z.B. für das Einhalten von Fastentagen, sei es im Fastenmonat
oder auss
erhalb. Die nijja (Absicht) zum Fasten während des
kommenden Tages wird dann nicht etwa kurz vor Mitternacht gefasst,
sondern kurz vor dem Sonnenuntergang, und das Fasten (das ab dem
Beginn der Morgendämmerung einzuhalten ist) wird gleichfalls
unmittelbar nach dem Sonnenuntergang gebrochen. Auch bei anderen
Anlässen, z.B. während der Wallfahrt, werden Beginn und Ende des Tages
entsprechend angesetzt.
Die Wochentage
Die Woche umfasst sieben Tage (arab. Jaum,
Mz. ajjam), deren arabischsprachiger Bezeichnung mit
Ausnahme des Freitags jeweils eine Zahl zugrunde liegt. Im Koran sind
davon nur der Freitag und der Samstag direkt genannt:
jaumu-l-ahad – erster Tag (Sonntag)
jaumu-l-ithnain – zweiter Tag (Montag) jaumu-thalaatha – dritter Tag (Dienstag)
jaumu-l-arba`a – vierter Tag (Mittwoch) jaumu-l-chaamis – fünfter Tag (Donnerstag)
jaumu-l-dschumu`a - Tag der Versammlung (Freitag) jaumu-s-sabt – siebter Tag (Samstag).
Freitag (jaumu-l-dschumu`a) ist der
herausragende Wochentag. An diesem Tag findet in der Mittagzeit das
wöchentliche Gemeinschaftsgebet mit Predigt in der Moschee statt. An
vielen Orten in der muslimischen Welt ist der Freitag Daarum auch der
wöchentliche Markttag. Einen Ruuhhetag wie den Sabbat oder Sonntag kennt
der Islamische Kalender nicht. Das Alltagsleben ist Daarum zwar zur
Zeit des Freitagsgottesdienst unterbrochen, nimmt aber zuvor und
danach seinen üblichen Lauf. Montag und Donnerstag sind vom Propheten
Muhammad (s*) besonders für das freiwillige Fasten empfohlen worden.
Die Monate
Beginn und Ende der Monate (arab. schuhur, Ez.
schahr) werden durch das Auftreten der Neumondsichel (hilal)
bestimmt. Deshalb bezeichnet man den Islamischen Kalender auch als
einen reinen Mondkalander, dessen Monate 29 oder 30 Tage haben, aber
nicht 28 oder 31, wie sie im sonst üblichen Sonnenkalender auch
vorkommen. Wird die Neumondsichel in der Abenddämmerung nach dem Sonnenuntergang
sichtbar, gilt der vor dem Sonnenuntergang beendete Tag als der letzte
des verstrichenen Monats und der mit dem Sonnenuntergang begonnene Tag
als der erste des neuen Monats. Das Ausschauhalten nach dem Neumond
wird in vielen traditionellen Kreisen bis heute gepflegt, insbesondere
anlässlich der Monate mit den gross
en Islamischen Festen, doch setzt
sich der Gebrauch eines im Voraus berechneten Kalenders immer weiter
durch.
Das Ausschauhalten nach dem Neumond des Ramaḍaan gilt
als wadschib kifaja, d.h.- Verpflichtung für die
Allgemeinheit. Nicht jeder einzelne Muslim, aber mancher von ihnen
stellvertretend für die Allgemeinheit muss es tun. Bezeugt wenigstens
ein als vertrauenswürdig geltender Zeuge, den Neumond gesehen zu haben,
beginnt für die Allgemeinheit die Pflicht zu fasten. Kann der Neumond
wegen schlechter Sichtverhältnisse nicht beobachtet werden oder wurde
er nicht gesehen, gilt nach einem Wort des Propheten Muhammad (s) die
Regel, den zu Ende gehenden Monat mit 30 Tagen zu rechnen und nach dem
30. Tag mit dem ersten Tag des neuen Monats zu beginnen.
Der Islamische Kalender hat zwölf Monate. Ihre Namen
sind vorIslamischen Ursprungs und gehen teilweise wohl noch auf einen
jahreszeitlichen Kalender zurück. Nach anderer Meinung hängen diese
jahreszeitlichen Bezüge nur damit zusammen, dass die betreffenden
Monate bei der Kalenderfestsetzung in bestimmte Jahreszeiten fielen.
Die zwölf Monate sind:
-
muharram (von „verboten“, einer der Monate
mit Kriegsverbot)
-
safar (von „gelb“ bzw., „leer“, vielleicht
im Sinne von „Hungermonat“).
-
rabi`u-l-awwal (der erste (Monat des) „Frühling“).
Es ist einer der Monate der Geburt und des Todes des Propheten
Muhammad (s). Er verstarb am 12. rabi`u-l-awwal im Jahre 11
H.
-
rabi`u-thani (der zweite (Monat des) „Frühling“),
auch rabiû-l-ahir (der letzte (Monat des) "Frühling"
genannt).
-
dschumaada-l-ula (der erste "Härte“ (-Monat),
wohl wegen des harten, ausgetrockneten Bodens).
-
dschumaada-l-achira (bzw. – uchra)
(der letzte „Härte“(-Monat), auch dschumaada-thani (der
zweite) genannt.
-
radschab („Ehren“-Monat, in dem Krieg
verboten war). Die 27. Nacht dieses Monats gilt als die Nacht der
Himmelsreise (mi`radsch) des Propheten Muhammad (s)
-
scha`ban (von „sich verteilen“/“sich
verzweigen“, wohl auf der Suche nach Wasser).
-
Ramaḍaan (von „brennende Hitze“ der
Jahreszeit oder des Fastens). Eine der letzten zehn ungeraden Nächte,
man sagt meist die 27. Nacht, ist die „lailatu-I-Qadr -
Nacht der Bestimmung", in welcher dem Propheten Muhammad (s) der
Koran offenbart wurde. Der Ramaḍaan ist der alljährliche Fastenmonat
der Muslime.
-
schawwal (von „Mangel“, wohl an Kamelmilch).
Am ersten Tag dieses Monats wird das „idu-l-fitr - Fest des
Fastenbrechens" nach dem Ramaḍaanfasten gefeiert.
-
dsu-l-qa`da (von”qua`da – Sitzen “. In
diesem Monat blieb man zu Hause und es gab, wie auch im folgenden
Monat, keine Kriegszüge).
-
dsu-l-hiddscha (von „HHhadsch - Wallfahrt),
der Wallfahrtsmonat, auf dessen neunten Tag der Höhepunkt der
alljährlichen Wallfahrt mit dem "wuquf - Verweilen" in
'arafat bei Mekka fällt. Am zehnten Tag wird anschliess
end das „`idu-l-adha
– Opferfest“ gefeiert.
Die Jahreszählung
Da die Islamischen Monate genau mit dem Auftreten des Neumondes
beginnen und teilweise kürzer als die des Sonnenkalenders sind,
zählt das Islamische Jahr auch statt 365 Tagen nur 354 Tage.
Folglich sind auch Jahresbeginn und - ende beweglich, und die Monate
wandern im Laufe der Zeit durch alle Jahreszeiten. Ist der
Jahresbeginn des Islamischen Kalenders, der 1. Tag des ersten Monats
Muharram, also beispielsweise einmal genau mit dem 1. Januar
zusammengefallen, dauert es 33 Sonnenjahre, bis sich diese
Übereinstimmung erneut ergibt. Zwischenzeitlich wandert der
Jahresanfang des Islamischen Kalenders in jedem Sonnenjahr um etwa
11 Tage nach vorn. Er fällt im Folgejahr also auf den 21. Dezember,
im nächsten Jahr auf den 10. Dezember usw. Entsprechend bewegen sich
die übrigen Monate und damit auch der Fastenmonat Ramaḍaan und die
Islamischen Festtage.
Die Jahrezählung des Islamischen Kalenders beginnt mit
dem Jahr der Auswanderung (hidschra) des Propheten Muhammad
(s) von Mekka nach Medina, also dem Jahr 622 der abendländischen
Zeitrechnung. Daarum spricht man vom Islamischen Kalender auch als dem
Hidschra-Kalender und setzt zur Kennzeichnung hinter die Jahreszahl
den Buchstaben H. (für: Hidschra) oder die Abkürzung n.d.H. (für: nach
der Hidschra). Da zudem jedes Islamische Jahr nach reinem Mondkalender mit 354 Tagen
um 11 Tage kürzer als ein Sonnenkalender mit 365 Tagen ist, bleibt der
Abstand zur abendländischen Zeitrechnung nun aber nicht unverändert
bei 622 Jahren, sondern verändert sich stetig.
Umrechnung von Jahreszahlen
Um bestimmte Zeitangaben vom Hidschra-Kalender auf den
abendländischen Kalender und umgekehrt umzurechnen, gibt es
ausführliche Tabellen, die auch die im Mittelalter für den
abendländischen Kalender vorgenommenen Kalenderreformen
berücksichtigen. Eine ungefähre Berechnung der Jahre lässt sich auch
mit folgenden Formeln erreichen:
-
Umrechnen eines bekannten Hidschra-Jahres in ein
unbekanntes Jahr nach abendländischem Kalender: H – H/33 + 622 d.h.
Hidschra-Jahr minus 33.Teil des Hidschra-Jahres plus 622.
Beispiel: Man liest auf dem Einband der
hadiith-Sammlung von Tirmidsi, dass der Verfasser von 209 H. bis 279
H. lebte und will der Orientierung halber wissen, welche
abendländische Zeitgenossen Tirmidsi hatte: Man rechnet also 209 –
209/33 + 622 = 825 sowie 279 – 279/33 + 622 = 893. Demnach lebte
Tirmidsi etwa von 825 bis 893 abendländischer Zeitrechnung. Er ist
also ein Zeitgenosse des byzantinischen Mönches Cyrillos, der zur
Christianisierung Osteuropas das älteste bekannte slawische Alphabet
entwickelte.
-
Umrechnen eines bekanntes Jahres nach
abendländischem Kalender in ein unbekanntes Hidschra-Jahr: A +
(A-622)/32 - 622 d.h. Abendländisches Jahr plus (32. Teil des
Abendländisches Jahres minus 622) minus 622.
Beispiel: Man liest, dass Papst Urban II. im Jahre
1095 abendländischer Zeitrechnung zum ersten Kreuzzug gegen die
Muslime aufrief und will wissen, wie viele Jahre nach der Hidschra
die Kreuzzüge begannen. Man rechnet also: 1095 + (1095-622)/33 x 622
= 487. Die Kreuzzüge begannen demnach also etwa 487 Jahre oder grob
gesagt knapp 500 Jahre nach der Hidschra.
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