Eine
Erklärung zum Thema Hedschab (auch Hijjaaab, Kopftuch, Schleier,
Kleidungsvorschrift für die Frau) von
Mag. M. J. Lanzl (Islamisches Bildungs- und Kulturzentrum - Österreich) Jänner 1424 / 2004
1. Der Hedschab ist nicht eine
'bloss politisch motivierte' Forderung von sog. 'Fundamentalisten', sondern
ein Islamisches Gebot, an das sich alle jene halten, die vom Islam
überzeugt sind; er ist also eine fundamentale Richtlinie des
Zusammenlebens. Die Bedeckung der Frau ist auss
erdem nicht nur eine
Islamische Tradition, sondern eine monotheistische, wie wir sowohl aus den
heiligen Büchern und der Geschichte des Judentums und Christentums wissen.
2. Der Hedschab ist kein Symbol
(wie etwa das Kreuz oder die Kappa) und schon gar keine Uniform (einer
besonderen Gruppe), sondern Ausdruck der Befolgung eines Islamischen
Gebotes, wie es in der Islamischen Geschichte immer war. Wenn schon, dann
ist im Vergleich zum Kreuz vielleicht die Kaaba bzw. der Helal ein Symbol,
nicht aber das 'Kopftuch', das weder Militanz noch Separation, sondern eine
Glaubenshaltung zum Ausdruck bringt.
3. Welche Gebote für den Islam
gelten, entscheiden nicht irgendwelche selbsternannte Islam-Experten oder
westliche Ideologen, Juristen oder Politiker, sondern noch immer die Muslime
und ihre Repräsentanten selbst. Für die Muslime ist natürlich der Hedschab
nicht Ausdruck der Unterdrückung der Frau, wogegen der Islam selbst
auftritt, sondern er soll die Beziehung zwischen den Geschlechtern zusammen
mit anderen Geboten nach göttlichen Richtlinien regeln, wie sich auch in
anderen Religionen bekannt sind.
4. Die Religionsfreiheit ist ein
grundlegendes demokratisches Recht, wie es beispielsweise im
österreichischen Staatsgrundgesetz (s. Art. 14-16 des StGG) verankert ist;
jede Massnahme gegen den Hedschab bedeutet eine Beschneidung dieses Rechts
und wäre daher verfassungswidrig, was zumindest in Österreich bisher immer
anerkannt worden ist und selbstverständliches Recht war.
5. Die Religionsfreiheit ist ein
grundlegendes Menschenrecht entsprechend Art 18 der
Menschenrechtsdeklaration der UNO aus dem Jahr 1948 und der Europäischen
Menschenrechtskonvention des Jahres 1950. Dazu gehört auch neben der
Kultfreiheit das Recht, seine Religion individuell und gemeinschaftlich ohne
Rechtsnachteil nach aussen zu bekennen, und das Recht, fremden religiösen
Prinzipien und Rechtsnormen nicht unterworfen zu werden. Die Regelung der
Kleidung ist Teil der Religionsfreiheit.
6. Der Angriff auf den Hedschab
ist ein Eingriff in die Autonomie einer Religionsgesellschaft und damit auch
ein Angriff auf das demokratische Prinzip der Selbstständigkeit der
religiösen Gemeinschaften insgesamt. Er diskriminiert die muslimische
Minderheit bildungsmässig, gesellschaftlich und politisch und ist ein
Rückfall in absolutistische und undemokratische Denk- bzw. Verhaltensweisen.
Sie ist nicht Ausdruck der Trennung von 'Kirche und Staat', sondern der
Dominanz des Staates über die Religionsgemeinschaft.
7. Der Angriff auf den Hedschab
ist ein Angriff auf den Islam und die Muslime und gefährdet das friedliche
Zusammenleben der Menschen unterschiedlicher Religion und Weltanschauung in
Europa. Wir Muslime sind aber für eine friedliches Zusammenleben aller
Bürger auf der Basis des gleichen Rechts für alle und für den Dialog der
Religionen und Zivilisationen, nicht für den 'clash of civilisations'.