Religion : Kultur
einige Hinweise von Muhammad Abu Bakr Mueller |
Jumada al Ula
1424 / Juli 2003
Religion bedeutet: "Wie man liegt,
so ist man gebettet" und Kultur bedeutet: "Wie man sich bettet, so liegt
man".
Ein
Säkularer (also ein
Nichtmuslim) betrachtet sein Bett und hofft, dass er durch entsprechende
Bauweise seines Bettes besser liegt und denkt, dass nur so eine Lösung für
bessere Schlafen zu
finden sei. Der Muslim betrachtet sein Liegen und hofft, dass er durch
entsprechendes Verbessern seines Liegens die Mängel des Bettes nicht
empfindet; das sind Tendenzen; kulturelle Manifestationen einer geistigen
Haltung. Die Begriffe "Religion" und "Kultur" haben im europäischen
Sprachraum eine immer stärker auseinanderstrebende Bedeutungen erlangt und
überlagern sich immer weniger, auch wenn ihr Gebrauch nach Belieben
vermischt wird. Im Qur’aan werden sowohl Religion, als auch Kultur mit dem
Wort "Diin" bezeichnet, was Muslimen aus traditionell Islamischen
Gebieten, welche mit dem Begriff "din" aufgewachsen sind, den
differenzierten Sprachgebrauch von Religion und Kultur im europäischen
Sprachraum nicht erleichtert zu verstehen. Nichtmuslime kennen hingegen die
Bedeutung von
Diin nicht, bzw. verwenden dafür den Begriff "Religion"
nur mehr im reduzierten Sinne ihres säkularen Weltbildes und dieses hat mit Islam nichts
zu tun und ist für Muslime
Kufr (Verleugnung der
Wahrheit).
Aus
säkularer Sicht reduziert sich Religion auf "Glaube, Gebote, Priester
und Rituale, usw." deren Manifestationen im öffentlichen Leben nicht merkbar
sein sollten, es sei denn, als kulturelle Angelegenheit, als Folklore oder ethnische Eigenheit. Aus muslimischer Sicht
ist dies ein absurder Schwindel, da es keinen Lebensbereich gibt, der nicht
Islam (Religion) bedeutet. Der
Imaan.htm>
Glaube an
Allah
und seine
Gesandten (der Friede und
Segen Allahs sei auf ihnen allen) und das Wissen von einem Leben nach dem
Tod, lässt keinen Raum für säkulare Gedanken.
Der Umgang mit den Begriffen Religion und Kultur ist
selbstredend chaotisch wie ein Beispiel zeigt: Während des Balkankrieges war
in Berichterstattungen in einem Satz von Serben, Bosniern und Muslimen
(Rasse, Nation, Religion) die Rede, weil einerseits Muslime als kulturelles,
bzw. ethnisches Phänomen verstanden werden sollten, um den säkularen
Schwindel nicht aufzudecken und andererseits die "nationalen" Bosnier (röm.
Katholiken) von den "rassischen" Serben (christlich- orthodox wird hier mit
Rasse verbunden) inhaltlich zu differenzieren. Diese absurde Trennung wurde
sicher nicht bewusst überlegt, sondern ist eine zwangsläufige Manifestation
des säkularen Irrglaubens. Ich schrieb damals einen Brief an einen bekannten
Redakteur, um diesen seltsamen Sprachgebrauch zu hinterfragen und bekam die
Antwort, dass er persönlich Muslime aus Bosnien kenne, welche sich sehr wohl
eine kulturelle bzw. ethnische Gruppe verstehen.
Ein sich zum Islam oder Christentum bekennender
Bosnier, Serbe, Araber, Amerikaner, Österreicher, usw. muss durchaus nicht
Muslim oder Christ sein, da es sich um kulturelle, bzw. säkulare
Scheinzugehörigkeiten handeln kann; Religion ist hier kulturelles Erbe, weil
nicht mehr
Imaan (Glaube) sondern
ererbte Gewohnheiten im Mittelpunkt stehen. Richtig ist aber, dass Islam
primär keine Kultur ist, sondern eine tiefgeistige, alles durchdringende
Lebensqualität (Religion), wobei die Verehrung Gottes in Politik,
Wissenschaft, Recht, Kunst, Erziehung manifest ist; es gibt keinen
"nichtreligiösen" Bereich für den Muslim.
Für Muslime haben auch diejenigen Menschen eine
din (Religion), welche "nicht an die Existenz Gottes glauben", da sie
eben irgend etwas anderes glauben (von etwas überzeugt sind oder etwas
bezweifeln oder leugnen) wie z.B. Evolutionstheoretiker oder die, welche
sagen, dass sie nichts wissen oder nichts glauben. Insbesondere
Evolutionisten müssen Menschen als biologische Produkte einer langen
Entwicklung betrachten und ihre säkulare Haltung ist logische Konsequenz,
welche längst europäische Schulbücher geprägt hat. Nicht selten haben
Immigranten aus Islamischen Gebieten bereits in ihren Heimatländern den Weg
zur
Demokratischen Religion eingeschlagen
(also den Islam verlassen) und treten wortkundig (betont arabisch sprechend)
als Muslime auf; sie erhalten immer wieder Lehrstühle von Nichtmuslimen, da
sie - in deren Sinn - den Islam, im Namen des Islam, zu zerstören versuchen.
Scheinvertretungen der Muslime (z.B.
Islamische Kirche) fördern zusätzlich die öffentliche
Meinung, dass es sich bei Islam um eine integrierbare, begrenzt bleibende,
ausländische Kulturerscheinung handeln würde. Praktisch gesehen aber:
Muslime sollten z.B. mit den Fingern essen und nicht Nichtmuslime nachahmen,
welche finden, dass dies unzivilisiert sei. Hunderte
solcher scheinbar kleiner Unterschiede im täglichen Leben haben
umfangreiche Rückwirkungen auf den inneren (religiösen) Zustand des Muslims
und anderseits auf die (kulturellen) Manifestationen des Islam in Europa;
wenn also das "mit den Fingern Essen" in Europas öffentlichem Leben weit
verbreitet sein wird, dann könnte von einem "Euro Islam" gesprochen werden; derzeit
kann aber nur von der "Euro-Islam Unterdrückung" gesprochen werden. Muslime, welche
es aufgegeben haben mit den Fingern zu essen (also in diesem Punkt eine regelmäss
ig wiederkehrende Sunnah mit den religiösen Werten der Nichtmuslime
ausgetauscht haben), haben in diesem Punkt eine wichtige Sunnah verlassen und wenn sie
glauben, dass dies richtig sei, so haben sie eventuell den Islam verlassen, wie es die
übereinstimmende Ansicht der Gelehrten aller vier
Rechtsschulen des Islam ist:
Wer eine Sunnah in ihrer Bedeutung heruntermacht, der ist Kafir. Dies
Denkweise ist Ungläubigen komplett fremd und in zunehmenden Mass
e auch den
Muslimen.
Islam ist für Nichtmuslime anerkennbar, indem sie
Muslime werden, also das
Islamische Bekenntnis (kein Gott auss
er Allah
- Muhammad ist der Gesandte
Allahs) sprechen.
Kufr (Unglaube)
ist nicht
in Islam integrierbar und umgekehrt kann der Islam nicht in Kufr
integriert werden.
Islam ist also keine Kultur, keine Rasse und ist auch
keinem Gebiet grundsätzlich zuzuordnen. Islam ist jene Lebensqualität,
welche den Einklang mit dem Schöpfer und Seiner Schöpfung (Natur) anstrebt,
bzw. den inneren Frieden und die soziale Ordnung notfalls durch physische
Verteidigung, zu sichern sucht. Muslime prägen Kulturen (u.a. durch das
Essen mit den Fingern) wo immer sie in gröss
erer Anzahl leben, so dass nach
einiger Zeit von einer Islamischen Kultur gesprochen wird. Kultur ist aber
nur ein unvermeidbares Nebenprodukt einer geistigen Haltung, um deren
Manifestationen man sich als Muslim nicht so sehr kümmern muss, denn...." wie
man liegt, so
ist man gebettet."
Islam ist das Prägende und das Geprägte ist die Kultur, wenn man es im
europäisch differenzierten Sprachgebrauch ausdrückt. Wer aber an säkularer
Kurzsichtigkeit leidet, für den dreht sich das Bild, und die Religionen
erscheinen ihm von den Kulturen geprägt.
Das lateinische "religere
bedeutet etwas wiederholt wörtlich u.
sorgfältig beachten; rückbinden; die vom Glauben an eine Gottheit bestimmte
Weltanschauung..." usw.) stimmt mit dem arabischen "din" nur teilweise
überein: (Al-Jauhari says in his Sihaah, and I am quoting from its
abridgment, Mukhtaar al-Sihaah that deen means "custom"
and "affair" and also daanahu yadeenuhu dainan means that
"he humiliated him" or "he enslaved him". In a Hadiith there is
al-kais man daana Nafsahu wa 'amala limaa ba 'da al-maut; that is: "The
intelligent person is the one who humbles his Nafs (the soul, ego)
and works for what is after death." Al-Munaawi in his al-Faid al-Qaid
gave these two meanings and added a third: "and takes to account." Al-Jauhari
said that deen also means recompense).
Das Wort "Kultur" hatte zur Zeit der Offenbarung des
Qur’an, kein Equivalent in der arabischen Sprache, obwohl diese viel
wortreicher als europäische Sprachen ist; die sprachliche Trennung von
Kultur und Religion war nicht notwendig oder sinnvoll. Der mekkanische
Säkularismus von vor 1400 Jahren, beschränkte sich auf ein Mehrgöttersystem,
bei welchem die Trennung von Handlung und Glaube nicht aktualisiert wurde,
wie dies im europäischen Säkularismus gefordert wird. Auss
erdem muss "Diin"
im Unterschied zu "religere" nicht unbedingt eine unsichtbare
Dimension oder Gottheit zum Inhalt haben; auch "Kommunismus" oder "Demokratismus"
ist "din" und im Qur’an wird den Götzenverehrern mitgeteilt: "lakum
Diinukum wa lia Diin" ("Euch eure Religion und mir meine Religion").
Kultur, (lat. colere...hegen, pflegen, bebauen,
ausbilden, tätig verehren; ursprünglich Bearbeitung des Bodens....agricultura
.....und später zur "Gesamtheit der Lebensbekundungen eines
Volkes" geworden) kennt den "Kult" als "religiösen" Bestandteil; es gibt
Ministerien für kulturelle Angelegenheiten; Kultusgemeinschaften; kultische
Handlungen; Kultfiguren; Religion als Kultur; Rauschgift ist österreichische
Kultur, usw.. Der Unterschied zwischen Religion und Kultur ist eindeutig,
wogegen "din" den Kulturraum als Manifestation einer unsäkularen
Gläubigkeit inkludiert.
Das säkulare Verständnis von "Religion" ist eine
Einschränkung auf Rituale ohne Rechtskraft und Exekutive und es versucht,
"Religionen" als das, was Kulturen hervorbringen zu werten und so behaupten
Säkulare, dass der Verzehr von Schweinefleisch deshalb verboten sei,
weil es in Arabien sehr heiss
ist. Für Muslime inkludiert "Religion" nicht
nur rituelle Handlungen, sondern sieht Rechtsfragen, Ehe, Forschung, usw.
als religiöse Betätigung, so dass der Begriff "Politik"
eigentlich entbehrlich wäre; alles oder nichts ist Politik;
Religion ist nicht nur Politik des Herzens sondern durchdringt alle sozialen
Bereiche. Kultur ist für Muslime das Nebenprodukt, eine Manifestation eines
kollektiven Bewusstseins, entsprechend örtlicher Umstände.
Aus muslimischer Sicht sind alle Menschen religiös
veranlagt, auch wenn sie es selbst nicht wissen oder empfinden. Durch das
europäische Priesterwesen wurde der Begriff "Religion" zur Kultur bevor der
Säkularismus voll etabliert wurde und es gibt andererseits auch Immigranten
aus muslimischen Gebieten, welche Islam bereits in ihren Heimatländern als
Kultur erleben. Manche wollen das Pferd beim Schwanz aufzäumen, indem sie
einen "Euro Islam" zu basteln versuchen; muslimische
Vereinigungen geben sich
nicht selten Namen, welche die Auffassung, dass Islam eine Kultur sei zum
Ausdruck bringen. Es ist eindeutig, dass die Begriffe "Kultur" und
"Religion" auch von Immigranten aus Islamischen Gebieten, im europäischen
Kontext nicht erfasst werden.
Allah
- gepriesen sei Sein Name - hat z.B. den Verzehr
von Schweinefleisch auf der gesamten Erde verboten; also unabhängig vom
Kulturraum. Der Muslim, der von Sanaa' nach Wien fliegt, wechselt zwar den
Kulturraum, aber nicht seine Religion, es sei denn seine Wahrnehmung des
Islam ist bereits in Sanaa' eine kulturelle gewesen; in diesem Fall kann es
dann sein, dass er in Wien Schweinefleisch isst; da das schützende,
kulturelle Environement Sanaa's, ihm abhanden gekommen ist und er in seinem
kulturellen Erleben des Islam denkt, dass die Regel nur für den Kulturraum;
also in diesem Fall für Sanaa' gelte. Schweinefleisch ist ein
Extrembeispiel, doch mit vielen anderen, nicht so offenkundigen
Angelegenheiten, wird mit dem Wechsel des Kulturraumes zumindest die Sunnah
- wenn nicht gleich der Islam - verlassen; die Betroffenen können das
Verlassen aber auf ihrer kulturellen Wahrnehmungsebene nicht empfinden, denn
das "geistige Verlassen" findet eben nicht auf der kulturellen Ebene statt,
sondern auf der geistigen. Der Gesandte Allahs (möge der Friede und Segen
Allahs auf ihm sein) erklärte sinngemäss
, dass
Imaan (Glaube) genauso
wie eine schwarze Ameise in einer schwarzen Nacht unbemerkt verschwinden
kann.
Für die meisten Muslime scheint die unterschiedliche
Bedeutung von Kultur und Religion unbekannt; Islam wird immer wieder als
eine Kultur neben anderen Kulturen dargestellt, wodurch die
Gedankenstrukturen von Nichtmuslimen übernommen werden müssen und Muslime
laufen dadurch Gefahr, aus dem Islam hinausstrukturiert zu werden; diese
Methode ist Teil dessen, was von den Nichtmuslimen als "Integration" (sollte
Assimilation heiss
en) bezeichnet wird.
Mustermann Frau "glaubt" (ist überzeugt) Muslim zu sein
und meint damit vielleicht nur, einer vom Islam geprägten Kultur anzugehören;
ein Graubereich. Der Autor dieses Textes wurde einst röm. kath. getauft,
ministrierte Gottesdienste und blieb lange "kulturell" in die röm. kath.
Kirche eingebettet. Auf der Suche nach der Einheit von Überzeugung und
Handlung, bin ich dann Muslim geworden. Meinen säkularen Zustand aber, den konnte ich nur
langsam abbauen und darauf kommt es an; erst dann wurde ich wirklich Muslim.
Imaan
(Glaube) ist die Basis des Islam, doch manifestiert sich Islam immer im
Gewand einer Kultur, so wie eine Flüssigkeit sich in Behältnissen hält. Ein
Vogel kann ohne Luft nicht fliegen, doch nicht alles was fliegt muss ein
Vogel sein. Ein Muslim kann ohne Kultur nicht
Islam leben, doch nicht
jeder, der Islamische Kultur lebt, muss ein Muslim sein.
Muhammad Abu Bakr Mueller
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