Sterben
und Tod im Islam
Manuskript
zu einem Vortrag von Muhammad Abu Bakr Mueller, im röm.kath.Bildungshaus
Maria Trost / Graz; am Dienstag den 17.Shawwal 1420 / (25.Jänner
2000) | Ergänzungs-
und Verbesserungsbedürftig. Muhammad Abu Bakr Mueller
|
"Jede Seele wird den Tod kosten" und doch
leben fast alle, als hätte das keine Realität."
Das
Sterben und der Tod selbst sind nur ein kleiner, wenn auch oft schmerzlicher
Abschnitt eines gröss
eren Ablaufes, gegen den niemand etwas auszurichten
vermag. Hätten Menschen die Wahl, so würden viele auf den Tod verzichten und
ewig leben wollen. Der Tod ist eine Erinnerung an unseren Schöpfer, an den
Sinn unserer Existenz in diesem Leben und jenem danach. Das Leben ist ein Gang
durch einen Raum und der Tod ist die Tür. An dem Vorhandensein der Tür
zweifelt niemand, jedoch hängen am Glauben an den nächsten Raum gross
e
Entscheidungen und das Unglück oder das Glück der seelischen Existenz des
Menschen.
Wenn
ein Muslim stirbt so wird nur selten lange getrauert, denn das widerspricht
dem Glauben. Mittels Gebeten und Qur'aan - Rezitation wird versucht, den
Aufenthalt im Grab zu mildern. In einem tieferen mystischen Sinn ist der Tod für
den Muslim ein Freudenfest, eine Rückkunft zu seinem ersehnten Geliebten,
doch ist diese Haltung bei Lebzeiten früh genug zu lernen. Für den Ungläubigen
ist der Tod eine Tragödie, weil er das Gefängnis, welches er als Paradies
vermeinte, verlassen muss. Wer nun Sterbenden Erleichterung bringen will, der
möge immer die Wahrheit sagen, denn falscher Trost ist kurzweilig.
Beim
Tod handelt es sich nicht um die letzten Dinge, sondern um die Dinge mitten
drin, denn das Wissen um den Tod ist für die Gläubigen ausreichend überliefert.
Der Tod ist das Tor zur gross
en Dimension, welche aber nicht wie das Bankkonto
überprüfbar ist. Das Leben nach dem Tod ist für den Gläubigen wie ein
Computerprogramm von dem er weiss
, dass es zu einem unbekannten Zeitpunkt mit
Sicherheit starten wird. Sicherlich, ohne Offenbarungen wüssten wir nichts über
das Leben und nichts darüber, was nach dem Tod kommt. Ohne dem vollkommenen
Qur'aan und die Aufzeichnungen über das, was von Muhammad (der Friede und
Segen Allahs seien auf ihm) berichtet wird, haben wir nur unsichere Bruchstücke
der früheren Offenbarungen zur Verfügung. Ist es nicht so, dass heute von
vielen die Existenz von Himmel und Hölle als "mittelalterliche Erklärungsnotwendigkeit"
abgetan wird? Die Religion wird nicht mehr durch die Offenbarung und die
Lebensweise der Propheten (Friede sei mit ihnen allen), sondern durch
kurzfristige Bedürfnisse von "unten" neu definiert. Wer sterbenden
Menschen wirklich helfen will, der sollte den Islamischen Glauben annehmen und
ihnen weitergeben.
Der
gross
e Mystiker Abd Al Qadir Gilani (1077-1166) aus Baghdad predigte folgende
Worte des Propheten Muhammad (der Friede und Segen Allahs sei auf ihm): Er, an
dem Allah
Wohlgefallen haben und dem Er Zufriedenheit gewähren möge, sagte:
"Eines Tages wurde mir beklemmt zumute, und da regte sich die Seele unter
ihrer Last, und sie forderte Erleichterung, einen Weg hinaus und ein Ende (dieser
Lage). Da sagte man zu mir: "Was ist es, das du willst?"
Ich sagte: "Ich will einen Tod, in dem kein Leben ist, und ein
Leben, in dem kein Tod ist". Man sagte zu mir: "Was ist der Tod in
dem kein Leben ist, und das Leben, in dem kein Tod ist?"
Ich sagte: " Der Tod in dem kein Leben ist, ist mein Absterben von
meiner Seele, meiner Leidenschaft, meinem Wollen und meinem Wünschen im
Diesseits und im Jenseits, so dass ich in all diesem nicht lebe und nicht
darin gefunden werde. Was nun das Leben betrifft, in dem kein Tod ist, so ist
das mein Leben in Übereinstimmung mit meinem Herrn, dem Mächtigen, Erhabenen
ohne mein Sein in Ihm, und der Tod darin ist mein Sein mit Ihm. Und es ist
dieser Wille der kostbarste Wille, den ich gehabt habe, seit ich Verstand habe."
Wenn
wir über das Sterben und den Tod sprechen so trägt jeder eine lange Liste
von Todesassoziationen in sich, welche, wenn auch immer nur auf ein und den
selben Tod hinweisend, doch ganz unterschiedliche Aspekte hervorheben. Worüber
sich der eine freut, weint oft der andere und hier ein kurzer Auszug einer
unbekannt langen Liste in alphabetischer Reihenfolge:
Der
Tod als Alterserscheinung
Der
Tod als Begräbniszeremonie
Der
Tod als Drohung
Der
Tod als Erlebnis
Der
Tod als Erlösung
Der
Tod als Figur
Der
Tod als Furcht
Der
Tod als Geschäft
Der
Tod als Geschichte
Der
Tod als Held
Der
Tod als Illusion
Der
Tod als Krankheit
Der
Tod als Kriegserlebnis
Der
Tod als Kriminalfall
Der
Tod als Lebensbeginn
Der
Tod als Märtyrer
Der
Tod als medizinischer Fall
Der
Tod als Mord
Der
Tod als Notwendigkeit
Der
Tod als Opfer
Der
Tod als Reportage
Der
Tod als Rückkehr zu Allah
Der
Tod als Schauobjekt
Der
Tod als Schicksal
Der
Tod als schmerzhafte Angelegenheit
Der
Tod als Sehnsucht
Der
Tod als Selbstmord
Der
Tod als Sinn des Lebens
Der
Tod als statistischer Wert
Der
Tod als Tor zum nächsten Leben
Der
Tod als Tragödie
Der
Tod als Überraschung
Der
Tod als Unfall
Der
Tod als Vortragsthemaa
Der
Tod als Wunsch
Der
Tod aus Liebe
Der
Tod der einen selbst betrifft
Der
Tod der Verwandten
Der
Tod des AQnderen
Der
Tod des Bösen
Der
Tod des Feindes
Der
Tod des Gatten
Der
Tod des Gläubigen
Der
Tod des Guten
Der
Tod des nicht an Allah
glaubenden
Der
Tod des Unbekannten
Der
Tod des Unschuldigen
Der
Tod im Kino
Der
Tod im Theater
Der
Tod als Vorbestimmung
Allah
sagt im Qur'aan: "Jede Seele wird den Tod kosten" und doch
leben fast alle, als hätte das keine Realität."
Wer
hat nicht in der Nachrichten gehört: "Die berühmte Schauspielerin so
und so ist im Alter von 64 Jahren
an Krebs gestorben. Sie spielte in vielen bekannten Filmen, usw....".
Tiefere Zusammenhänge dürfen in einer Demokratie nicht vorkommen. Erdbeben
sind jetzt keine Strafe Allahs mehr sondern zufällige geologische Ereignisse
geworden, welche in keinen Zusammenhang mit den Handlungen der Menschen
gebracht werden dürfen. Wir leben in einem Klima der fast perfekten geistigen
Verleugnung. Geist wurde auf die Ebene der Psychologie verbannt. Gott hat lieb
zu sein. Gott muss so sein wie die Menschen es wünschen. Die
Religionsgemeinschaften passen ihren Glauben der Wirtschaft an. Und auch der
Tod ist angepasst worden.
Dass
der Todesengel mit dem Befehl von Allah
kommt, das darf nicht mehr gesagt
werden, sondern die Krankheit ist gekommen und muss die Ursache sein. Ein
Muslim, ein seinem Schöpfer ergebenes Wesen, ist aber genau deshalb Muslim,
weil in seinem Herzen, Krankheit, Unfall, Alter nur kausale Nebenerscheinungen
sind und die Realität beim Auftrag des Todesengels zu finden ist. Niemand
kann sterben, ohne dass Allah
es will und niemand kann am Leben erhalten
werden ohne dass Allah
es bereits bestimmt hat.
Als
der Gesandte Ibrahim (der Friede und Segen Allahs seien auf ihm)
von Nimrod ins Feuer geworfen wurde, da kam der Engel zu ihm und fragte
ihn während seines Katapult-Fluges in das Feuer, ob er Hilfe wolle. Ibrahim
verneinte, denn der Schöpfer des Feuers genügte ihm als Helfer. Aus eigener
Kraft kann das Feuer nichts verbrennen - und Ibrahim verbrannte nicht und die
Feuersbrunst wurde ihm in einen Garten verwandelt dem er wieder entstieg.
Geschaffenes hat keine eigenständige Kraft; nur verliehene Kraft auf Abruf.
Die
Realität des Todes wird oft verdrängt und über alle Medien wird die "moderne
wissenschaftliche Erkenntnis" posaunt. Der Tod wird medizinisch definiert
und die Information der Offenbarung wird degradiert und im Topf der "Wissenschaften"
als geschichtliches Ereignis verkocht. Einem Sterbenden das physische Leid zu
mildern kann versucht werden, doch den Todesengel kann niemand irritieren.
Wenn
der Pfad des Herzens verlassen ist und die Realität des Todes verdrängt wird
und der Sterbende nicht mehr wiederholen kann: "Es gibt keine Gottheit auss
er
Allah
und Muhammad ist Sein Gesandter" weil andere Argumente ihm dies
verhindern, so werden ihm alle Spekulationen und errungenen Positionen dieser
Welt zerbröseln. Tröstungen sind vielleicht beRuuhhigend, doch bleiben sie
fruchtlos und die eingepackten guten Taten ohne Glauben sind gegenstandslos
geworden, da sie nur für diese Welt beabsichtigt waren. Die Absichten
bestimmen den Wert der Handlungen über den Tod hinaus.
Der
Islam lehrt, dass Allah
der Herr über Leben und Tod ist; niemand kann in
Seine Pläne eingreifen; keine Operation kann den Todeszeitpunkt auch nur um
eine Sekunde verzögern, es sei denn, die Operation ist eine von Allah
bestimmter Lebensabschnitt. Vielleicht ist die Operation eine Strafe oder eine
Gnade. Allahs Pläne sind nicht durchschaubar. Allah
gibt Leben, und lässt
sterben, und wenn die vorgeschriebene Frist abgelaufen ist, kehren alle zu Ihm
zurück und werden zur Rechenschaft gezogen.
Wer
seiner Taten Endziel auf diese Welt richtet, dessen Entlohnung erfolgt auch
nur in dieser Welt. Wessen Seele die Einheit Allahs grundlegend leugnet,
dessen Leugnung steht in der nächsten Welt an erster Stelle und Seine Taten
werden an der Leugnung gemessen und seine Heimat ist die Hölle.
Wer
seiner Taten Ende für die nächste Welt im Glauben an den einzigen Gott und
seinen Gesandten angelegt hat, der wird nach dem Tod finden, dass sein Glaube
über seinen Taten steht und seine Heimat letztlich das Paradies ist.
Der
Tod ist ein Ereignis, bei dem die Seele vom Körper getrennt wird. Niemand weiss
,
wann und wo und wie er sterben wird. Diese göttliche Gewalt über Leben und
Sterben gehört zur uneingeschränkten Souveränität Allahs über seine Schöpfung.
Naturgemäss hängt der Mensch gleichzeitig am Leben und sträubt sich gegen
den Tod. Allah
sagt im Qur'aan:
"Sprich:
Mein Gebet und mein Opfer, mein Leben und mein Tod gehören Allah
, dem Herrn
der Welten" (vgl. Qur'aan, 6:162).
Der
berühmte muslimische Theologe Ghazali (gest. 12 Jh. n.Chr.) schreibt darüber:
" Der erste Geliebte jedes lebendigen Wesens ist es selbst und das eigene
Ich. Diese Liebe zu sich selbst bedeutet, dass in der Natur jedes lebenden
Wesens eine Neigung zur Erhaltung des eigenen Daseins und ein Widerwille gegen
seine Aufhebung und Vernichtung liegt. Denn von Natur geliebt wird das, was
dem Liebenden genehm ist. Was aber wäre ihm genehmer als das eigene Ich und
die Fortdauer des Daseins, und was wäre ihm mehr zuwider und entgegen als
dessen Aufhebung und Vernichtung. Der
Mensch liebt die Erhaltung seines Daseins und scheut das Sterben. Und dies
nicht bloss aus Furcht vor dem, was nach dem Tode kommt, und nicht nur aus
Grauen vor dem Todeskampf, sondern selbst wenn er hinweggenommen würde ohne
Schmerz und er den Tod erlitte ohne Lohn und Strafe im Jenseits, würde er
doch nicht gerne sterben, sondern einen Widerwillen dagegen haben. Er liebt
den Tod und das reine Nichtdasein nur, wenn er im Leben einen allzu harten
Schmerz ertragen muss, denn wer von einem Leiden betroffen wird, der liebt das
Aufhören des Leidens. Und wenn er dann auch das Nichtdasein liebt, so liebt
er es doch nicht um seiner selbst willen, sondern weil es das Aufhören des
Leidens bedeutet. Denn die Vernichtung und das Nichtdasein wird gehasst und
die Erhaltung des Daseins geliebt " (Al Ghazali, 1993, S. 183).
Das
Verständnis des Todes und seine Transzendenz wird erst durch die Überzeugungen
des Herzens, (Imaan) ermöglicht:
asch'
hadu al-laa ilaaha illa-llahu wa asch' hadu anna Muhammadan 'abduhu wa
rasuuluhu
Ich
bezeuge, dass es keinen Gott auss
er Allah
gibt und ich bezeuge, dass Muhammad
Sein Diener und Sein Gesandter ist.
amantu
billahi wa malaa'I-katihi wa kutubihi wa rusulihi wal jaumil akhiri wal qadri
khairihi wa scharrihi mina-l-llahi ta'aalaa wa-l-ba'athi ba'ada-l-maut
Ich
glaube an Allah
, Seine Engel, Seine Bücher, Seine Gesandten, den Tag des
Gerichts, die Vorbestimmung von Gut und Böse durch Allah
, den Höchsten, und
an das Leben nach dem Tod.
Einige
Strahlen aus diesen komprimierten Sprüchen:
Allah
der ewig Seiende, Voraussetzung zu jeder Existenz, ohne Anfang und ohne Ende;
ohne Den kein Leben ist und kein Tod. Allah
,
Schöpfer jedes Atoms und des freien Willens. Rebellion gegen Ihn ist nur
scheinbar möglich. Islam ist freiwillige, wissentliche Ergebung in den Willen
Allahs und die Bezwingung des Selbst. Goethe brachte deshalb in einem Gedicht
zum Ausdruck, dass alle Menschen Muslime seien,
wollend oder nicht, denn niemand kann sich Allahs Willen widersetzen,
alle sind ergeben. Goethe dichtete:
Närrisch, dass jeder in seinem Falle
Seine
besondere Meinung preist!
Wenn
Islam Gott ergeben heisst,
In
Islam leben und sterben wir alle.
Wenn
auch in sich wahr und wunderschön, so scheint mir Goethes Gedicht als
Beispiel sophistischer
Spekulation und nicht als Bekenntnis zum Islam, wie das einige Muslime
verstehen wollen. Diese Goethesche Spekulation ist heute weit verbreitet und
sitzt in den Herzen der Menschen und führt
in das Feuer. Spätestens bei Eintritt des Todes stellt sich die
Fruchtlosigkeit solcher Gedanken dar. Es ist notwendig, die letzte Offenbarung
im vollen Umfang anzuerkennen und danach leben zu versuchen. Es ist etwas
anderes zu sagen: "Im Kern sind Religionen alle gleich" oder "Ich
bezeuge es gibt keine Gottheit auss
er Allah
und Muhammad ist sein Gesandter".
Es ist ein bedeutender Unterschied von einer allgemeinen Wahrheit zu sprechen
oder sich dazu zu tatsächlich bekennen. Der Tod ist der Zeitpunkt an dem ein
Bekenntnis vielleicht zu spät kommt.
Seine
Schöpfung, (die Engel, die
Menschen, der Tod, das Paradies, die Hölle, usw.)
schuf Allah
aus dem Nichts; eine Projektion Seines Lichtes, seines
Wissens in das Nichtsein. In Seinem Wissen hat bei Allah
alles urewige
Existenz - ohne Unterschied und
so auch jede ungeschaffene Seele und jeder Tod. Allah
ist unabhängig und
unveränderlich und Seine Schöpfung ist abhängig und veränderlich: Allah
schuf um angebetet und erkannt zu werden und es gibt keinen edleren Zustand
als diesen. Muhammad (der Friede und Segen Allahs seien auf ihm) erklärte, "Ikhlas" sei der Zustand in dem der Gläubige Allah
so anbetet, als würde er Ihn sehen. Und sieht er Allah
nicht, so weiss
er
doch, dass er von Allah
gesehen wird.
Die
Geburt jedes einzelnen Menschen ist absolut vorbestimmt und nichts kann sie
verhindern. Wenn ein Kind unter Muslimen geboren wird, dann flüstert man ihm
in das rechte Ohr den Gebetsruf zur Versammlung und in das linke Ohr den Ruf
zum unmittelbaren Gebetsanfang. Damit wird das kurze Erdenleben angedeutet und
beim Begräbnisgebet entfällt dann der Gebetsruf weil er bereits dem Säugling
ins Ohr "gesagt" wurde.
Die
"Lebenszeit" des Menschen wird mit einer, nur Allah
bekannten,
Anzahl von Absichten und Handlungen gefüllt, durch die der Mensch seinen zukünftigen
Status nach dem Tod selbst gestaltet. Der Raum des freien Willens ist von
Allah
geschaffen. Allah
konfrontiert den Menschen mit unterschiedlichsten
Erlebnissen und die Engel notieren jede geringste Handlung. (Datenspeicher) Eine
gross
e Anzahl der Propheten in allen Ländern, von Adam, über Ibrahim, Moses,
Jesus, bis zum letzten, Muhammad (der Friede und Segen Allahs sei mit ihnen
allen) erhielten während ihrer Lebenszeit Offenbarungen von Allah
, um die
Menschen das immer wieder vergessene Wissen neu zu lehren.
Über
das Sterben, bzw. den Tod sagte Muhammad (Friede sei mit ihm): "Denkt oft
an den Tod, der die weltlichen Genüsse unbedeutend macht."
Oder: "Der Tod ist für den Gläubigen ein Geschenk." Einer
fragte den Propheten (Friede sei mit ihm) wer der klügste unter den Menschen
sei. Er sagte: "Es sind diejenigen, die oft an den Tod denken und sich am
meisten darauf vorbereiten. Diese Personen tragen die Würde der Welt und die
Überlegenheit im Jenseits mit sich."
Der
Tod von Muhammad (Friede sei mit ihm).
Muhammad
(Friede sei mit ihm) war in den Armen seiner Frau Aisha, als er im Sterben
lag. Der Todesengel kam in diesem
Moment. Der Gesandte Gottes erzählte
seiner Frau, was der Todesengel Azrail zu ihm gesagt hatte: "Der Erhabene
Gott hat mich zu dir geschickt, aber mir befohlen nicht ohne deine Erlaubnis
einzutreten. Wenn du mir nicht erlaubst werde ich nicht eintreten und komme
erst rein, wenn du es mir erlaubst. Allah
hat mir gesagt, dass ich ohne deine
Erlaubnis nicht dein Leben nehmen soll. Was befiehlst du mir jetzt?"
Ich sagte ihm, dass er nicht kommen solle bevor nicht der Engel
Jibraiil gekommen sei." Aisha erzählte weiter:" Wir befanden uns in
einer Situation so, dass wir weder antworten noch unsere Ansicht sagen
konnten. Unsere Zunge war gelähmt. In dieser ernsten Situation waren wir nicht in der Lage zu
reden. Jibraiil kam zeitig. Ich bemerkte seinen Schatten. Nachdem die
Hausbewohner hinausgegangen waren, kam er herein und sagte: "Der Erhabene
Allah
lässt dich grüssen und fragt, wie du dich fühlst. Obwohl das Wissen
um Deinen Zustand bei Ihm ist. Der Gesandte sagte: " Ich fühle
Schmerzen." und sagte weiter, dass Jibraiil dem Todesengel Bescheid sagen
solle. Jibraiil sagte: "O Muhammad, Dein Herr erwartet dich mit gross
er
Sehnsucht. Hat er dir nicht gesagt, warum er gekommen ist? Ich schwöre bei
Allah
. Der Todesengel hat bis jetzt niemanden um Erlaubnis gefragt und er wird
auch nie wieder fragen. Aber dein Herr möchte deinen Ruuhhm vervollkommnen.
Somit erwartet Er dich mit gross
er Sehnsucht." Daraufhin sagte der
Prophet, er möge so lange warten bis der Todesengel eintreffe und erlaubte
den Frauen wieder einzutreten. Währenddessen rief er seine Tochter Fatimah zu
sich und flüsterte ihr etwas ins Ohr, worauf sie weinte und nichts sagen
konnte. Dann bat er sie von neuem, sich zu ihm zu neigen. Er flüsterte ihr
wieder etwas ins Ohr, worauf sie lächelte. Aber sie konnte wieder nicht
reden. Dieser Anblick war für die anderen sehr seltsam. Fatimah wurde später
nach dem Grund ihres Verhaltens gefragt. Sie sagte:
"
Er sagte mir zuerst, dass er sterben werde. Deshalb weinte ich. Dann sagte er,
dass er zu Allah
gebetet habe, dass aus seiner Familie zuerst ich ihm folgen möge.
Dann lächelte ich." Fatimah brachte ihre zwei Söhne in seine Nähe, worauf er an ihnen roch.
Dann kam der Todesengel, begrüsste Muhammad und bat um Erlaubnis.
Er fragte nach seinem Befehl. Muhammad sagte zu ihm: "Bringe mich
sofort zu meinem Herrn." Dann trat Jibraiil wieder ein, begrüsste ihn
und sagte, dass es das letzte mal sei, dass er auf die Erde kommen werde.
Niemand konnte etwas sagen. Ich hielt ihn an seiner Brust.
Er wurde bewusstlos. Seine Stirn war voller Schweiss
tropfen. Ich
wischte ihm den Schweiss
von seiner Stirn. Es gab nichts schöneres als den
Geruch seines Schweiss
es. Er kam wieder zu sich und wurde wieder bewusstlos.
Er sagte immer wieder "Zum Erhabenen Freund. Zum Erhabenen Freund".
Er starb an einem Montag Vormittag in den Armen seiner Frau (ebd., 1993,
S.587) .
Der
Aufenthalt im Grab, wird Barzakh genannt. Dieser Zustand dauert vom Zeitpunkt
des Begräbnisses bis zum jüngsten Gericht, an dem alle auferweckt werden und
ihren eigenen Taten in teils erschreckenden Personifikationen begegnen werden.
Die
dem Körper entnommene Seele kehrt im Grab wieder zurück. Dort werden dem
Menschen von zwei gewaltigen Engeln (Nakir und Munkar) drei Fragen gestellt:
"Wer ist dein Herr? Welcher ist dein Prophet? Und welches deine
Religion?" Bereits im Grab
sind schreckliche Strafen zu befürchten. So wünschen sich die Lebenden, dass
ihre Nachkommen zu ihren Gräbern gehen und für sie aus dem Qur'aan
rezitieren und beten mögen; allein, das mag ihre Leiden im Grab nur für eine
kurze Zeit zu lindern. Den einen wird ein
"Fenster" -mit Ausblick zum Paradies gewährt und das Grab
wird weit und den anderen wird ein "Fenster" mit dieser
"Aussicht zur Hölle" geöffnet und das Grab wird drückend eng.
Die
Auferstehung und der Gerichtstag sind die unausweichliche Zukunft, in der
selbst die eigenen Körperteile über ihre Taten Auskunft geben werden. Die
Angst wird derart gross
sein, dass selbst eine Mutter ihr Kind nicht erkennen
wird. Beschreibungen über diese Zeit gibt es viele, doch führt das über
unser Thema jetzt zu weit hinaus.
Das
Paradies und die Hölle sind reale Schöpfungen Allahs. Wer in seinem Herzen
und gegenüber der Gesellschaft bezeugt, dass Allah
der einzige Gott ist und
Muhammad Sein wahrhafter, letzter Gesandter ist, gesandt zur gesamten
Menschheit, der wird ein Bewohner des Paradieses sein. Das beste aller
Erlebnisse im Paradies wird die Ansicht Allahs, des Herrn aller Welten, sein.
Und das Paradies währt ewiglich.
Das
Feuer der Hölle ist für diejenigen, welche die Existenz Allahs und die
Gesandtschaft irgendeines Seiner Propheten (der Friede und Segen Allahs sei
mit ihnen allen) leugnen, nachdem die Botschaft zu ihnen kam und sie alsdann
in der Leugnung gestorben sind.
Muslim
sein ist eine Eigenschaft, ein Zustand des Herzens und keine Kultur und so
waren alle Propheten - Jesus eingeschlossen -
wahre Muslime. (der Friede und Segen Allahs sei mit ihnen allen) und
dem Sterbenden wir klar welchen Illuseonen er nachlief.
Nun
kommen wir zurück zum Anfang, an
dem die Frage stand: "Was ist der Tod in dem kein Leben ist, und das
Leben, in dem kein Tod ist?" Das
ist nun die tiefere Bedeutung der bildhaft geschilderten Oberfläche. Die
mystische Dimension des Todes, das Sterben bereits im Leben und nicht erst bei
Eintritt des Todes. Der Mystiker oder Suufi versucht die übertriebene
Zuneigung zur Welt von sich zu nehmen und von dieser Welt
"abzusterben" bevor der Todesengel zu ihm kommt. Er sucht nicht
vorrangig das Paradies zu erlangen oder die Hölle zu vermeiden, er sucht
Allahs Nähe, und jede Situation die sich ihm aufdrängt ist das Medium für
die gross
e Anstrengung: Jihaad, der Kampf gegen das niedrige Selbst. Wenn der
Todesengel zum vollkommen in der Liebe zu Allah
Aufgegangenen kommt, so ist es
wie der Mystiker Rumi schreibt: " Ich war Zuckerrohr, jetzt werde ich zu
Zucker". (Übersetzung: AnnemarieSchimmel)
Es
ist überliefert, dass Muhammad, (der Friede und Segen Allahs seien auf ihm)
sagte: "Sterbt, bevor ihr sterbt". Diese Aussage haben die Suufis zu
einer der Grundlagen ihrer Lehre und ihres Lebens gemacht. Jeder Tod führt zu
einer Auferstehung auf höherer Ebene. Weshalb soll man dann den Tod fürchten?
Der
berühmte Mystiker Hallaj sagte: "Tötet mich, o meine Freunde, denn im
Tod nur ist mein Leben."
Dieses
Zitat wird auch beim gross
en Mystiker Rumi zum Schlüsselwort. Denn eines der
zentralen Motive in seiner Dichtung ist das Sterben, durch das man neues Leben
gewinnt,
"Kein
Spiegel wird zu Eisen in der Welt
Kein
Brot wird wieder Weizen auf dem Feld,
Die
reife Traube wird nicht wieder grün,
Die
reife Frucht, sie braucht nicht mehr zu glüh'n..."
(Übersetzung
/ Schimmel, 1995, S.729).
Der
Muslim erkennt sein Leben als einmalige Chance, und der Tod, das Absterben von
den scheinbaren Wichtigkeiten wird ihm zum Inhalt; nicht die Leugnung der
Realität von Genüssen, sondern ihre Relativierung bis hin zur Auflösung;
die Durchdringung seines Selbst mit der Erinnerung an seine Herkunft,
Durchdringung mit Liebe zu Allah
. Wer in diesem Zustand stirbt, dem Tod
begegnet, der erkennt den Übergang auf dem er sich schon zu Lebzeiten ständig
bewegte, erlebt die Rückkunft zum Freund, denn nicht umsonst wird im Qur'aan
von den Freunden Allahs, den Nahen, den Heiligen gesprochen. Alles ist Weg,
jede banale Handlung wird transzendiert. Das Gesetz des Schöpfers ist für
den Mystiker das selbe wie für jeden anderen Muslim, doch versucht er es aus
dem Herzen heraus an die Oberfläche zu bringen und der andere versucht es von
der Oberfläche ins Herz zu bringen. Einer beginnt zu tanzen damit er seine
ekstatische Erinnerung an Allah
ertragen kann und ein anderer tanzt, damit er
sich erinnert.
Für
den Geist gibt es nichts Ungeistiges im Leben und das Sterben ist Bestandteil
des Leben. Durch den Tod fallen die Schleier der Begierden weg und
die Sicht wird klar. Was in Zweifel war, wird nach dem Tod niemand mehr
leugnen.
So
helft euch zum Sterben, zur Anbetung des einzigen Gottes, Allah
, dem
Allmächtigen, dem Gnädigen, Der nicht zeugt und nicht gezeugt wurde und
folgt Seinem Gesandten Muhammad (der Friede und Segen Allahs sei auf Ihm).
Allahs Gnade ist gröss
er als jedes Vorstellungsvermögen und Seine Pläne
sind unergründlich.
Muhammad Abu Bakr Mueller
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