Mazedonien: EU ignoriert wieder einmal Verfolgung
von Muslimen auf dem Balkan
| Aktueller Bericht von Rechtsanwalt Salih Murat aus Skopje
(erhalten 15.Juni 2001) | Quelle: Islamische-zeitung
Die etwa eine Million Muslime in Mazedonien durchleben schwere Tage. In
Monastir, Ischtip und Resne wurden mehr als 50 Häuser und Arbeitsstätten von Türken,
Albanern und Torbesch niedergebrannt, Dutzende unserer unschuldigen Menschen
wurden Ziele unglaublicher Übergriffe. Wir verurteilen diese auf das Schärfste.
So wie bereits vor einem Monat bei ähnlichen Ausschreitungen gegen Muslime
schaute die mazedonische Polizei auch diesmal tatenlos zu. Sie hat nicht nur
ihre Pflicht vernachlässigt, indem sie die Übergriffe nicht verhinderte,
sondern hat diese sogar gefördert und somit ihre Neutralität aufgegeben. Diese
Haltung der Sicherheitskräfte vermehrt die Skepsis und Befürchtungen der
Muslime. Stellen Sie sich nur vor: Tausende von Menschen rotten sich in Monastir
zusammen und versuchen, den Besitz von Muslimen (Häuser, Arbeitsstätten und
Moscheen) niederzubrennen, zu demolieren und Muslime zu lynchen mit dem Ziel,
die Muslime von diesem Fleck des Landes auszulöschen und alle Spuren der
Muslime zu beseitigen!
Die letzten Entwicklungen, die Brandanschläge auf und die Zerstörung von
muslimischen Häusern, Arbeitsstätten und Moscheen einschliess
en, und die Übergriffe
auf die muslimische Bevölkerung nähren die Befürchtung, dass hier das
Szenario einer ethnischen Säuberung vorbereitet wird, ja, sie werden als
deutliche Anzeichen dafür gesehen. Vor einer Woche hat die Mazedonische
Akademie der Wissenschaften eine Erklärung veröffentlicht, deren Inhalte nun
umgesetzt werden. Die Akademie hatte die Lösung für die momentane Lage in
Mazedonien in “ethnischen Säuberungen und Landtausch” gesehen und dass die
Muslime die Gebiete, in denen sie seit Jahrhunderten leben durch “freiwilligen
Landtausch” verlassen und somit Mazedonien zu einem Land wird, in dem eine
bereinigte Bevölkerung, sprich, nur Mazedonier leben. Mit den oben
beschriebenen Akten des Vandalismus wurde begonnen, die Thesen der Akademie
umzusetzen. Auf der anderen Seite erreichen uns Nachrichten, dass im Kosovo Flüchtlingslager
mit einer Aufnahmekapazität für 200.000 Menschen vorbereitet werden und dies
trägt sein Eigenes zur Verunsicherung der Muslime bei.
Die mazedonische Regierung, die politischen Parteien und die Intellektuellen des
Landes verurteilen die Akte des Vandalismus nicht errnsthaft genug und versuchen
den Übergriffen eine andere Dimension zuzuschreiben: legitime
Selbstverteidigung. Obwohl die Muslime in den betroffenen Regionen nicht das
Geringste mit dem Konflikt im Land zu tun haben, müssen sie schwerste
Repressalien durchmachen. Wo sind die Menschenrechte? Wo ist der Schutz des
Staates? Wo die Garantie auf die Unversehrtheit von Leben und Besitz? Wenn
es um die Muslime geht bleiben diese Rechte alle blosse Versprechen. Die ganze
Welt schaut tatenlos dem Vandalismus zu. Sollten nicht jetzt sofort vorkehrungen
getroffen werden, um Einhalt zu gebieten, werden sich weder der mazedonische
Staat noch die internationalen Einrichtungen vor der Verantwortung die
Geschehnisse zugelassen zu haben, entziehen können. Eine ganze Menschengruppe
wird vor den Augen der ganzen Welt lediglich aufgrund der Tatsache, dass sie
Muslime sind schwersten Repressalien ausgesetzt und jeder schaut tatenlos zu.
Doch wir werden uns nicht durch die Zerstörung unserer Moscheen einschüchtern
lassen. Im Gegenteil stärkt dies unsere Verbundenheit mit unserer muslimischen
Lebensweise und unsere Spirualität. Stellen Sie sich vor: der Ministerpräsident
vonn Mazedonien, Lyupce Gorgievski bedroht offen alle Muslime indem er sagt:
“Sie bauen alle zehn Jahre eine neue Moschee und bauen sie mit einem Meter
dicken Wänden dies tun sie, um sich im Kriegsfall darin verschanzen zu können.”
Der Mann, der diese Worte spricht ist nicht irgendschemand es ist der Mann, dem
wir seinerzeit vertraut und mit zum Ministerpräsidenten gewählt haben! Ein
Mann, der in seinem ganzen Leben kein positives Wort über Muslime gesprochen
hat. Wie können ihm eine Million Muslime vertrauen? Auf der anderen Seite
zitiert der orthodoxe Priester Vladika Jovan Dremicki Verse aus der Bibel und
ruft die christliche Bevölkerung offen zum Kreuzzug gegen die Muslime auf. Die
Europäische Union sieht auch dem tatenlos zu. Die Islamische Union Mazedoniens
wiederum predigt in ihren beschwichtigenden öffentlichen Erklärungen immer
noch Toleranz, Einheit und Kooperation zu einer Zeit, da Moscheen
niedergebrannt und niedergerissen werden, da Imame von Moscheen Übergriffe
erleiden (so wurde, um ein Beispiel zu nennen, der Imam von Delcovo, Islam Arif
Bey niedergeprügelt und krankenhausreif geschlagen).
Die verächtlichen Angriffe auf unsere Moscheen in Monastir, Ischtip und
Kalkandelen sind die Fortführuung des Szenarios, das die Bulgaren in den Jahren
nach 1980 in Bulgarien begann und das 1991 von den Serben in Bosnien fortgeführt
wurde mit dem Ziel, alles was noch vom Islam auf dem Balkan übrig geblieben
ist, völlig zu zertören. Diese Politik wird mit unverminderter Schärfe
weitergeführt. Die Moscheen in Kalkandelen und Monastir stehen unter erklärtem
Schutz der UNESCO. Doch schauen Sie wie die Vandalisierenden im Land alle
internationalen Prinzipien für nichtig erklären und versuchen diese Moscheen
zu zerstören.
Diese Vorfälle dauern nun schon seit mehreren Abenden an und unsere Menschen,
die keine Sicherheit ob ihres Lebens und Besitzes haben, sehen sich gezwungen
ihre jahrhundertealten Wohnstätten zu verlassen. Sie flüchten in muslimische
Städte im Westen Mazedoniens, wo die Mehrheit der Muslime lebt. Der anhaltende
Vandalismus findet auch trotz Sperrstunden statt, die verhängt wurden. In
Monastir herrscht zwischen 21:00 und 5:00 h Sperrstunde. Doch schauen Sie
einmal, was zu dieser Zeit geschieht: bis spät in die Nacht, bis 1:00, 2:00 h
rotten sich Tausende von Menschen zusammen und lassen ihre Wut am Leben und am
Besitz der Muslime aus. Stellen Sie sich nur vor: Obwohl diese Übergriffe von
Tausenden ausgeführt werden, zahlreiche muslimische Häuser und Arbeitsstätten
zerstört, viele Muslime verletzt werden, und viele die Flucht als letzte Möglichkeit
sehen, gibt es nicht eine einzige Festnahme! Dies verstärkt die Vermutungen, dass
die Regierung und die Sicherheitskräfte bewusst tatenlos zuschauen und sich
sogar an den Übergriffen beteiligen.
Währenddessen halten die Kämpfe in der Kumanova Region zwischen den
Staatstruppen und den Guerilla unvermindert an. Eine humanitäre Katastrophe
dort ist abzusehen. Die Zustellung von Hilfsgütern in die Region wird
blockiert. Als Entschuldigung wird “die Sicherheit der Mitarbeiter von
Hilfsorganisationen” vorgebracht. Die Bevölkerung, die ihre angestammte
jahrhundertealte Heimat nicht verlassen möchte, wird von der Regierung als
“Gefangene und lebendige Schutzschilder” der Guerilla präsentiert. Doch die
Bevölkerung der Region hat darauf nur ein Kommentar: dass das alles Lügen
sind, und dass sie ihre Heimat, in der sie seit Jahrhunderten leben, nicht
verlassen werden.