Die
Bauern Afghanistans haben das Mohnanbauverbot der Taliban befolgt
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From: Sejfiddin
Dizdarevic [mailto:sejfuddin@yahoo.com]
Sent: Samstag, 17. März
2001 14:51
To: news amana
Kein
Opium fürs Volk
Die Bauern Afghanistans
haben das Mohnanbauverbot der Taliban befolgt - nach nur einem Jahr ist die
Produktion fast eingestellt. Weizen, so weit das Auge
reicht. Das ist, was Experten des Drogenkontrollprogramms der Vereinten Nationen
(UNDCP) aus den bisherigen Opium-Anbaugebieten in Afghanistan melden. Erst im
vergangenen Juli hatte Mullah Mohammed Omar, der Führer der radikal-
Islamischen Taliban, die 95 Prozent des Landes regieren, mit einer fatwa, einem
religiösen Rechtsgutachten, den Opiumanbau verboten, weil er gegen den Islam
verstosse. Eine Anbauperiode später sieht es so aus, als sei das Edikt fast
hundertprozentig umgesetzt.
70000 Hektar ehemaliger
Mohnfelder, das sind 80 Prozent des bisherigen Anbaugebiets, haben die
UN-Experten bereits kontrolliert und dort kein systematisch angebautes Opium
mehr gefunden. 20 Prozent bleiben noch zu überprüfen, aber die Kontrolleure
erwarten auch da kein Opium mehr. Opium wird demnach nur noch auf 3000 bis 4000
Hektar im äussersten Nordosten des Landes, dem Rückzugsgebiet der "Nördlichen
Allianz" unter dem Kriegsherrn Ahmed Schah Masud, angebaut.
"Das ist in der Tat
erstaunlich", sagt Bernhard Frahi, der Chef von UNDCP in der pakistanischen
Hauptstadt Islamabad. In letzter Zeit lieferte Afghanistan um die 4000 Tonnen
Rohopium im Jahr, drei Viertel der Weltproduktion. Daraus konnten 400 Tonnen
Heroin gewonnen werden, das seinen Weg überwiegend über Zentralasien nach
Westeuropa fand. Diese gewaltige Menge an Drogen entfällt nun mit einem Mal.
"Es ist noch zu früh, um zu sagen, was das für den Drogenmarkt
bedeutet", sagt Bernhard Frahi. "Das werden wir erst in sechs Monaten
bis zwei Jahren wissen." Es ist möglich, dass Afghanistans Bauern noch
beträchtliche Reserven an Rohopium halten. Opium verliert allerdings mit der
Zeit an Flüssigkeit und damit an Gewicht und Wert. Gewisse Mengen an Heroin,
bereits verarbeitetem Opium, könnten sich aber auch auf den Durchgangswegen
nach Europa, vor allem in der Türkei, befinden. Skeptiker befürchten ohnehin,
dass die Taliban nur warten, bis die Preise steigen, um dann den Opiumanbau
wieder aufzunehmen. Aber Mullah Omar hat das Opiumverbot klar als religiöse
Notwendigkeit begründet. Nur so konnte er es durchsetzen, ohne die Bauern gegen
das Taliban-Regime aufzubringen. Wenn der Opiumanbau aber einmal im Namen Gottes
verboten ist, kann ihn kein gläubiger Muslim wieder zulassen. Die Eindämmung
des Opiumanbaus war lange eine der zentralen Forderungen des Westens an die
immer noch international geächteten Taliban. Die Opium-Schwemme der vergangenen
Jahre aus Afghanistan war gewissermassen der Preis gewesen, den es für den Sieg
der vom Westen unterstützten Mudschaheddin, der Gotteskrieger, gegen die
damalige Sowjetunion zu bezahlen galt. Denn mit Opium finanzierten sich die
Kriegsfürsten und später auch die Taliban. Aber das einzige, was sich die
Taliban als Belohnung für ihr Vorgehen gegen den Opiumanbau einhandelten, waren
neue Sanktionen, welche die USA und Russland bei den Vereinten Nationen
durchsetzten.
Dabei hätten die
Taliban - zumindest für ihre Opiumbekämpfung - Anerkennung für ihr
Wohlverhalten verdient. Aber was immer sie damit an Achtung gewonnen haben mögen,
haben sie durch die mutwillige Zerstörung der berühmten Buddha-Figuren von
Bamiyan wieder verspielt, die die gesamte Welt, auch die Islamische, vergeblich
zu verhindern suchte. Wie beides zusammenpasst, kann auch in Islamabad niemand
erklären. "Die Taliban funktionieren eben anders", bekommt man da zu
hören. Die Umsetzung der Werte, auf denen ihre Herrschaft beRuuhht, sei ihnen
wichtiger als ihr Ansehen im Ausland.
Die Leidtragenden sind
wieder einmal die Bauern, denen der Opiumanbau einen bescheidenen Wohlstand
brachte, obwohl sie für ihr Produkt weniger als ein Prozent des Endpreises
bekamen. Der pakistanische Journalist ssadaqat Jan, der kürzlich das ehemalige
Hauptproduktionsgebiet in der südlichen Provinz Helmand besuchte, traf dort
Bauern, die in zweierlei Hinsicht verärgert waren: Sie schimpften über die
fatwa der Taliban, weil sie ihnen die Arbeit nahm, aber auch über die UN, die
ihnen kein Saatgut für alternative Kulturen liefern konnten, weil sich dafür
nicht genug Spender fanden. Viele Bauern verliess
en ihr Land aus Angst vor den
Opiumhändlern, bei denen sie sich in Erwartung künftiger Ernten verschuldet
hatten.
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