Anselmo
Turmeda .
Der Wahrheit
auf den Spuren
Vom
Türkischen ins Deutsche übersetzt von Mevlüt TURGUT |
Original: Türkiye Gazetesi, Iz Birakanlar, Artikel vom 13. und 14. Dezember 2004
Anselmo Turmeda wurde
1352 oder 1354 in Palma de Mallorca, Spanien, geboren. Anselmo war in
seiner Kindheit sehr friedvoll. Er kränkte niemanden, stritt sich auch
nie mit anderen Kindern. Während seine Altsgenossen ihre Kindheit
lebten, im Meer schwammen und spielten, zog sich Anselmo in schattigen
Gegenden zum Studieren von Büchern zurück. Anselmo war ein Ruuhhiges und
kluges Kind. Jene, die ihm tief in die Augen sahen, erkannten seine
Intelligenz, so auch sein Vater. In jener Zeit wurden Kinder wie
Anselmo in die Kirchenschule geschickt um die Lehre Gottes zu
studieren.
Als
Anselmo sechs Jahre alt wurde, schickte ihn sein Vater in die
Kirchenschule, wo er die Bibel studierte und sie in kürzester Zeit
auswendig lernte. Später begab sich Anselmo nach Lérida, wo er sich
dem Franziskanerorden
anschloss und sein Studium fortsetzte. In Lérida
widmete sich Anselmo intensiv der Sprache und Logik. Anselmo
verbrachte sechs Jahre in Lérida.
Seine Studien umfassten auch die Medizin und Astronomie.
Weitere
Studien führten ihn nach Bologna, wo er sich mit dem Averroismus,
Thesen des Islamischen Philosophen Ibn Rüsd, auseinandersetzte.
In
Lérida gab es sehr viele Bücher zu studieren. Seine Lehrer waren auch
viel älter als die vorhigen – hier herrschte auch mehr Disziplin. In
Lérida war strikte Gehorsamkeit höchstes Gebot, so mochte man keine,
die viel fragten. Anselmo schloss sein Studium in Lérida mit Erfolg ab.
Man beföderte ihn zum Amt des Bischofs.
Doch bald verliess Anselmo Lérida und sein Amt. Er ging nach Nebunie,
wo der berühmte Priester Nikolas Mertile lebte. Anselmo war der
Wahrheit auf den Spuren und hoffte es bei Mertile zu finden. Anselmo
und Mertile waren wie Vater und Sohn. Mertile mochte Anselmo so sehr,
dass er ihm nicht nur die Schlüssel der Kirche und seines Hauses,
sondern auch der Schatzkammer der Kirche anvertraute. Anselmo war zehn
Jahre lang Schüler von Mertile. Nikolas Mertile war ein alter Mann mit
zitternder Stimme geworden. Er lebte ein einsames Leben und pflegte
nicht viel die Gesellschaft seiner Mitmenschen.
Obwohl Anselmo ein aufrichtiges Christenleben führte, konnte er sich
mit den Ikonen und Bildnissen Gottes in den Gebetshäusern nicht
identifizieren, er mochte dieses auf keinen Fall. Er verstand nicht,
warum man als Christ sündig auf die Welt käme, und mit der Taufe
gereinigt werde. Weiters verstand er nach vielen Jahren Studieren, den
Sinn der Dreifaltigkeit nicht. Die vielen Widersprüche in den
verschiedenen Bibeln, brachten seinen Glauben zum Schwanken. Anselmo
fragte sich, warum Menschen nicht selbst Gott um Vergebung für ihre
Sünden bitten dürften, wozu die Beichte mit dem Priester? Er selbst
fand es richtig, sich alleine, kniend vor Gott, Ihn um Vergebung zu
bitten. Vielmehr dachte Anselmo über den Messiah nach, der sowohl in
der Thora als auch in der Bibel verkündet wurde. Er zerbrach seinen
Kopf über Paraklit, der in der Bibel als Messiah verkündet wurde. „Wer
war Paraklit?“, doch fand er keine Antwort auf seine Frage.
Sodass er eines Tages den Mut fasste und seinen Lehrer Nikolas Mertile
folgende Frage stellte: „Ich glaube nicht, dass Sie einem jungen Mann,
der auf der Suche nach der Wahrheit ist, den Weg versperren wollen. So
wer ist dieser Paraklit? Wo werden Suchende nach ihm fündig?“ Der alte
Mann flüsterte ihm ängstlich zu: „Habe Geduld, mein Sohn.“ Anselmo
schank traurig sein Haupt.
Diesen Tag verbrachte er bis zum Morgengrauen mit dem tiefsten Wunsch
die Wahrheit zu finden. In seiner Kammer sprach er zu Gott: „Oh, mein
Herr, nur dir vertraue ich, nur dir unterstelle ich mich“, und brach
in Träuen aus. Als Anselmo erschöpft sich dem Schlaf gab, knierschte
es an der Tür. Der weise Mertile trat auf Zehenspitzen in die Kammer
ein, zuvor versicherte er sich, ob die Gänge leer wären. Niemand, war
zu sehen, versichert ging er auf Anselmo zu, hob seine Hand, zeigte
mit dem Finger in den Sünden und sprach: „Gehe, mein Sohn.“ Im Sünden,
am anderen Ufer des Meeres waren Islamische Länder wie Marokko,
Tunesien und Algerien. Zwischen Anselmo und Mertile ergab sich danach
folgender Dialog:
Anselmo: „Oder?“
-
Mertile nickend: „Jawohl!“ Und fügte zu: „Doch, falls du diese
Wahrheit den anderen Christen offenkundig erzählst, werden sie dir
Böses antun. Wenn sie mich dann, danach fragen würden, ob dieses wahr
wäre, würde ich dir widersprechen. So würden sie mir Glauben schenken
und nicht dir.“
Anselmo: „So, warum verkünden Sie nicht offenkundig die Wahrheit,
obwohl Sie es gefunden haben?“
-
Mertile lächelte bitter: „Ich bin schon 90 Jahre alt. Wie du weiss
t,
bin ich ein berühmter Theologe. Ich kann in diesem Alter nicht mehr in
die Islamischen Länder ziehen und ein neues Leben beginnen. Wohl,
falls ich dieses tun würde, würden sie mich schnell auffinden und mich
still legen. auss
erdem, das Amt, das ich inne habe, ist sehr wichtig.
Ich kann es keinem anderen, der keine Ahnung von der Wahrheit hat,
überlassen. Falls du dich erinnerst, habe ich dich am ersten Tag, als
du zu mir kamst, gefragt, ob du schon mal mit Moslems in Streitereien
verwickelt warst. Hätte ich damals eine Feindschaft deiner seits gegen
die Moslems gemerkt, würde ich dir dieses nie erzählt haben.“
Anselmo aufgeregt: „So ist Paraklit, Muhammad?“
-
Mertile: „Sicher ist er es. Er ist der Messiah, der letzte Prophet
Gottes. Ihm wurde ein Buch in der Sprache des Propheten Danyal
offenbart. An deiner Stelle würde ich keine Minute warten, sofort in
die Islamischen Länder ziehen und mein Leben dem Studium des heiligen
Korans widmen.
Anselmo: „So ist der Koran Gottes letzte Offenbarung, und Muhammed
sein letzter Gesandter, ist es wirklich so?“
-
Mertile: „Habe darüber keinen Schimmer Bedenken, so ist es.“
Anselmo: „Was sind mit denen um uns, deren Leben im Kloster enden?“
-
Mertile wieder lächelnd: „Das Christentum von heute ist nicht mehr
das, das einst der Prophet Jesus lehrte, mein Sohn. Die heutige Bibel
ist auch nicht jene, die ihm offenbart wurde. auss
erdem das Christentum
hat keine Gültigkeit mehr.“
Anselmo erfreut: „So ist für mich die Zeit gekommen, mich auf den Weg
zu machen.“
-
Mertile: „Ich wusste, dass du dieses sagen würdest. Nimm diesen Beutel,
du wirst es benötigen.“
Anselmo: „Aber...“
-Mertile: „Mache, was ich dir sage!“
Der
alte Wolf ging zur Tür, drehte sich kurz um, sah Anselmo in die Augen
und sprach: „Merke dir, wir haben nie über solch ein Thema gesprochen.
Hast du verstanden? Glaube mir, ich habe nur Angst um dich. Mir können
sie nichts antun, aber dir.“ Anselmo nickte zu. Im Beutel, das der
alte Mann Anselmo gab, waren 50 Goldstücke, diese waren Taschengeld
für den langen Weg. Anselmo machte sich am gleichen Tag auf den Weg
und nahm den ersten Schiff von Mallorca nach Sizilien.
AbdAllah
Teurdscheuman, Abdullah-i Tercüman
Der
unvergessene Übersetzer
Anselmo kam 1387/88 in Tunis, Tunesien, an. Er verliebte sich in die
besonders saubere Stadt. Die Bewohner der Stadt waren sehr friedvoll
und gastfreundlich. Jedoch hatte man sie ihm anders geschildert. Die
Moslems wären barbarisch, unfreundlich und agressiv. Als Anselmo sah,
dass diese nur Lügen waren, ging er beRuuhhigt in der Stadt herum.
An
der Zeytuniye Moschee hörte er zum erstenmal den Ezan, Gebetsruf der
Moslems. Er sah wie Händler ohne ihre Geschäfte zu schliess
en, in die
Moschee liefen. Er beobachte wie Moslems sich vor dem Gebet sorgfältig
wuschen. Weiters staunte er darüber, dass Arm und Reich Seite an Seite
gemeinsam das Gebet verrichteten. Obwohl man ihm ansah, dass er fremd
in der Stadt war, fragte ihm niemand, was er hier täte oder suche.
Anselmo entschloss sich in Tunis niederzulassen – er mietete sich ein
Kämmerchen in einer Han, Gasthaus.
Der
Alltag in Tunis begann mit dem Morgenezan. Nach dem Nachtsgebet
begaben sich alle Bewohner in ihre Häuser. Aus den Fenstern der Häuser
hörte man, wie herzhaft der Koran rezitiert wurde. Auf den Strassen
waren weder Trunkbolde, noch Diebe, noch
Prostituierte.
Da Moslems gross
e Angst davor hatten, jemanden Unrecht zu tun, wurden
Stoffe in den Geschäften nicht kürzer, aber länger geschnitten und die
Waagen stets richtig gewogen.
Anselmo
machte bald gross
e Fortschritte in der arabischen Sprache. So
verschwanden bald auch seine kleinsten Zweifeln darüber, ob Muhammed
wirklich der verkündetete Messiah in der Bibel wäre, und er
konvertierte zum Islam. Obwohl er ab nun kein Kreuz mehr um sich trug
und das Priestergewand ablegte, schenkten ihm die Christen in Tunis
noch immer gross
en Respekt und Ehre. Er entschloss sich darauf seine
Konventierung zum Islam offenkundig zu machen. Er suchte einen Arzt,
der ein wenig Italienisch sprach, auf. Dieser sollte ihn dem Sultan
vorstellen.
Der
Sultan
Abulabbas
Ahmed mochte Anselmo sehr und zwischen beiden entstand eine gross
e
Freundschaft. Anselmo fragte sich, wie man am besten, den Christen in
der Stadt, seine Konventierung bekunden sollte. Er schlug dem Sultan
vor, dass man angesehene Christen der Stadt einladen und sie über
Anselmo befragen solle. So lud
Sultan
Abulabbas
Ahmed auf Wunsch seines Freundes angesehene Christen in sein Palast
ein. Er empfang sie wie ein Sultan, ihnen wurden Köstlichkeiten
getischt. Bei Tisch fragte Sultan Ahmed, was für einer der Spaniener,
der neu in der Stadt ist, sei. „Er sei sehr gebildet“, fügte der
Sultan zu.
Man
antwortete ihm: „Er ist nicht nur gebildet, sondern auch im Glück,
Schüler von Nikolas Mertile sein zu dürfen. Er war zehn Jahre lang
sein Schüler und hat so mancher seiner Geheimnisse zu hören bekommen.“
- Der Sultan:
„So ist er ein Gelehrter?“
Die Christen:
„Ohne Zweifel, ja!“
- Der Sultan:
„So ist er ein Mensch, den man vertrauen kann?“
Sie: „Natürlich!“
- Darauf der
Sultan: „Würdet ihr alles tun, was er euch befiehlt?“
Sie alle: „Natürlich,
ohne Zweifel!“
- Der Sultan:
„Gut, würdet ihr dem Islam beitreten, wenn er euch Daarum bitten würde?“
Alle Christen
verärgert: „Was heisst dieses?“ Sie erhoben sich, als hätte ein
Blitzschlag sie getroffen. In diesem Augenblick trat Anselmo ein und
trug herzhaft das Islamische Glaubensbekenntnis vor. Jene, die
rühmvoll über ihn sprachen, beschimpften ihn nun. Sie wollten die
Wahrheit nicht begreifen.
Der Sultan
gab Anselmo den Namen AbdAllah
, das Diener Allahs bedeutet. Sehet die
Allmächtigkeit Allahs, der Sultan suchte genau in jener Zeit, einen
Vorsitzenden für den Hafen und einen Übersetzer. Wer anders könnte für
diesesn Posten geschnitten sein, als AbdAllah
, der fliess
end Griechisch,
Latein, Italienisch, Französisch und Spanisch sprach. Suche man, nach
jemanden wie AbdAllah
, wäre man nicht fündig. AbdAllah
wurde zum
Vorsitzenden des Hafens von Tunis und zum Übersetzer, sodass er den
Beinamen Teurdscheuman oder Tercüman, das Übersetzer bedeutet, erhielt.
Nachdem
AbdAllah
Teurdscheumans Arabisch sehr fortgeschritten war, widmete er
sich der Islamischen Wissenschaft, dem Islamischen Recht, den Hadiithen
und sogar der Islamischen Mystik, der Tasavvuf, und Islamischen
Philosophie, Averroismus (Ibn Rüsd). Er stieg zu den Islamischen
Gelehrten auf. Er verliebte sich in den Namen Muhammed, griechisch
Paraklit.
Der Sultan
vermählte seinen Freund mit der Tochter Haci Muhammed Es-Safars. Die
Familie Tercüman bekam einen herzhaften Jungen, dem natürlich sein
Vater den Namen Muhammed gab. In der Zwischenzeit verstarb Sultan
Ahmed, worauf sein Sohn Abul Faris Abdulaziz den Thron bestieg.
Abdulaziz erweiterte das Aufgabenfeld AbdAllahs. Er gab ihm die Obhut
der Schatzkammer im Schloss Kabis, weiters die Verwaltung der
Gasthäuser. Doch die Christen aus Sizilien konnten all das Geschehene
nicht verkraften und griefen den Hafen an und besetzten einen
Handelsschiff samt Bemannung. Alles, was sie für die Freilassung der
Geiseln und die Güter wollten, war „Anselmo Turmeda!“ Der Sultan liess
darauf den Besetzern einen Brief zu kommen, in dem er ihre Wünsche
annahm. Tage später wurde das Schiff gestürmt und die Geiseln gerettet.
AbdAllah
Teurdscheuman trübte lange der Wunsch ein Buch zu schreiben, in dem er
das wahre Gesicht der Kirche schildern und wie das Christentum seinen
wahren Geist verlor, erzählen wollte. In Tunis fand er all die Quellen,
die er für sein Buch benötigte. Er staute über jene Zivilisation und
Kultur, das in Tunis herrschte. AbdAllah
schrieb Tag und Nacht. Sein
Wunsch war es die Christen mit ihren eigenen Worten zu treffen, so
würde er ihnen den Islam als die wahre Lehre Allahs beweisen.
1420
vollendete er sein Werk, dem er den Namen „Tuhfet-ül-Erib“ gab. Sein
Werk wurde 1873 in London gedruckt. Das Original befindet sich noch
heute in der Berliner Bibliothek. „Tuhfet-ül-Erib“ wurde von Haci
Zihni Efendi ins Türkische übersetzt und auf Osmanisch veröffentlicht.
Heute wird dieses einmalige Werk von der „Ihlas-Stiftung“ gedruckt und
veröffentlicht.
AbdAllah
Teurdscheuman starb zwischen 1425 und 1430 in Tunis. Doch leider kennen
die heutigen Tunesier diese ehrenvollen Islamischen Gelehrten nicht
mehr. Frage man sie beharrend nach seinem Grab, so sagen sie: „Ist
diese gross
e Persönlichkeit vielleicht aus Istanbul?“ Auf die Antwort:
„Nein, er ist aus Mallorca“, glauben sie, wir scherzen.
„Heute
haben wir in der Hand keine einzige Bibel, die wirklich dem Propheten
Jesus offenbart wurde. Die Christen berufen sich auf die Evangelien
von
Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Doch uns fällt auf, dass diese
sich an vielen Stellen widersprechen. Wahrlich, in der Offenbarung,
der Bibel Jesu, gibt es keinen Widerspruch, keine Zwiepalt und Lügen.“
(Aus dem
„Tuhfet-ül-Erib“) |