Neue Daten: Mehr als
500.000 Muslime in Österreich
25.02.2010 | 18:07 | VON ERICH KOCINA (DiePresse.com)
Die Zahl der Muslime in Österreich ist seit 2001 um fast die Hälfte
gestiegen. Der Anstieg ist den Geburten und nicht der Zuwanderung zu
verdanken. Rund 50 Prozent der heimischen Muslime haben die
Staatsbürgerschaft. WIEN. Wie viele Muslime es in Österreich
gibt, wissen nicht einmal ihre offiziellen Vertreter so genau – die letzten
gesicherten Zahlen stammen aus der Volkszählung von 2001, seither geisterten
unterschiedlichste Zahlen durch die Öffentlichkeit – die Islamische
Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) ging zuletzt von 400.000 Muslimen
aus.
Eine neue Publikation des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF), die der
„Presse“ vorliegt, liefert nun eine Zahl, die den aktuellen Status des Islam
in Österreich fundiert abbildet. 515.914 Menschen muslimischen Glaubens
leben demnach in Österreich (Stand 1. Jänner 2009), das entspricht 6,2
Prozent der Bevölkerung. Zum Vergleich: 2001 machten 345.906 Muslime rund
4,3 Prozent der Bevölkerung aus – das bedeutet eine Zunahme um fast die
Hälfte.
Hälfte der Muslime Österreicher
Grundlage für die neuen Daten
ist eine Fortschreibung der Volkszählungsergebnisse mit den Zahlen aus der
Wanderungsstatistik und den Geburtenzahlen. Auf diese Weise kommt man zu
annähernd gesicherten Zahlen, wenn es auch methodenbedingt einige Unschärfen
gibt. So wird in der Berechnung etwa davon ausgegangen, dass Kinder mit
mindestens einem muslimischen Elternteil auch Muslime sind. Gleichzeitig
werden bei den Daten aus dem Meldewesen nur jene erfasst, die sich legal im
Land aufhalten. Doch selbst mit diesen Fragezeichen ist die nun publizierte
Zahl das Valideste, was es derzeit an Daten über Muslime in Österreich gibt.
Ein für manche überraschender Wert tritt dann zutage, wenn die
Staatsangehörigkeit der Muslime beleuchtet wird. Denn laut der aktuellen
Berechnung sind sie fast zur Hälfte (49 Prozent) österreichische
Staatsbürger. 21,2 Prozent von Österreichs Muslimen sind türkische
Staatsangehörige, 10,1 Prozent Bosnier.
Dass Österreichs Bevölkerung wächst, ist zu einem gross
en Teil den Muslimen
zu verdanken. Ihr Zuwachs machte im Zeitraum von 2001 bis 2009 rund 53
Prozent des gesamten Bevölkerungswachstums aus. Auffällig dabei ist, dass
der Anteil am Zuwachs durch Geburten deutlich höher ist als jener, der durch
Zuwanderung zustande kommt.
Das liegt zum einen daran, dass es sich bei der muslimischen Bevölkerung um
eine junge Gruppe handelt – ihr Durchschnittsalter liegt etwa bei 25 Jahren,
im Gegensatz zum österreichischen Durchschnitt, der bei 39,9 Jahren liegt.
Zum anderen steckt aber auch ein statistisches Problem dahinter – denn nach
wie vor kehren viele Migranten im Alter in ihr Heimatland zurück. Und somit
wird ein Teil der Sterbefälle in die Wanderungsbilanz verlagert.
Weitere Zunahme erwartet
Was bedeutet das nun für die
Zukunft? Laut der ÖIF-Studie ist in den kommenden Jahren jedenfalls mit
einer weiteren leichten Zunahme der muslimischen Bevölkerung zu rechnen,
sowohl durch Zuwanderung (vor allem im Rahmen des Familiennachzugs), als
auch durch Geburten. Allerdings, so die Expertise, sollen sich die derzeit
noch deutlich höheren Geburtenzahlen mittelfristig an den Durchschnitt der
Gesamtbevölkerung annähern.
("Die Presse", Print-Ausgabe,
26. 2. 2010)