Warum ich mich nicht vom Terrorismus distanziere
von
Salim Spohr entnommen von
http://www.Islampress.de
05.07.2007
Immer wieder werden Muslime, beispielweise vom
Innenminister des Bundes, aufgefordert, sich vom
Terrorismus zu distanzieren und Demonstrationen
gegen ihn zu veranstalten. Einmal genauer
betrachtet, erweist sich eine solche Aufforderung
als unsinnig und die offenkundige Folge eines
peinlichen Denkfehlers. Ein der Tradition
verpflichteter Muslim sollte ihr mit klaren Worten
entgegentreten und erklären:
»Ich distanziere mich nicht vom Terrorismus,
aber nicht deshalb, weil ich für Terrorismus wäre –
das bin ich keinesfalls -, nicht deshalb, weil ich
ihn guthiesse – das tue ich keineswegs -, sondern
schlicht deshalb, weil ich mit Terrorismus gar
nichts zu tun habe.«
Von einem Muslim zu verlangen,
er sollte sich vom Terrorismus distanzieren, heisst
zugleich auch, ihn zwingen zu wollen, damit
implizite zu erklären, dem Terrorismus als Muslim
schon irgendwie nahezustehen. Ich werbe hier um
Verständnis dafür, dass eine solche Forderung deshalb
unbillig, ja diffamierend ist.
Das ist so,
wie wenn Sheikh Immanuel Kant sagt: »Die Sinne irren
nicht« und, um einem naheliegenden Irrtum
entgegenzuwirken, fortfährt: »… aber nicht, weil sie
immer wahr urteilen, sondern weil sie gar nicht
urteilen«. Manche haben Schwierigkeiten, wenn sich
die Negation nicht bloss auf eine der Arten bei
stillschweigender Geltung der höheren Gattung
(»analytische Opposition« Kant)), sondern auf die
Gattung selbst (»dialektische Opposition« (Kant))
bezieht. – Wer nicht versteht, dass man auf zwei
verschiedene Art negieren kann, sollte übrigens
nicht Innenminister sein wollen.
Und im Sinne jener besonderen
Verwendung des Wörtchens »nicht«
im Sinne der
dialektischen Opposition Kants wehre mich gegen den
Quatsch, zu glauben, Muslime müssten sich eis
ipsis von etwas
distanzieren, mit dem sie gar nichts zu tun haben.
Sich von etwas zu distanzieren, hat doch nur dann
einen Sinn, wenn man sich damit von etwas
distanziert, das man früher einmal vertreten hat. Da
ich aber nie Terrorismus gutgeheissen habe, da ich
nie Terrorist war, wieso sollte ich mich also davon
distanzieren?
Wenn, sich zu distanzieren,
bedeutet, zu etwas Abstand zu nehmen, so ist das
doch nur dann plausibel, wenn es zuvor eine Nähe
gegeben hatte. Ohne diese vorangegangene Nähe macht
es einfach keinen Sinn, ist es sogar widersinnig,
sich zu distanzieren, wie es keinen Sinn macht, Nähe
aufzugeben, die es nicht gibt und nie gegeben hat.
Wenn Frau Merkel oder Herr Schäuble sich vom
Terrorismus distanzieren würden, würden die Leute
lachen und denken: »Aber sie haben doch damit gar
nichts zu tun!« Genau so ist es in meinem Falle und
im Falle der gross
en Zahl der Muslime in Deutschland
und auf der ganzen Welt. Wir haben überhaupt keinen
Grund, uns zu distanzieren, weil wir damit gar
nichts zu tun haben. Der Irrsinn beginnt schon in
dem Wahn, zu glauben, Muslime müssten sich als solche
vom Terrorismus distanzieren. Das ist einfach
falsch. Ich sehe für mich jedenfalls keinen Grund,
das zu tun.
Ein anderer Irrtum ist es,
zu glauben, Muslime zu Demonstrationen auffordern zu
müssen. Das ist ganz falsch. Wenn es Probleme gibt,
bitten Muslime ihren Herrn Allah
subh'anahu wa
ta’'al'a um Hilfe, und sie gehen vielleicht in die
Moschee, um sich zu beraten, sie werden aber
insh'a Ll'ah nicht auf die Strasse rennen, da
herumschreien und den Pöbel machen. Muslime, die das
tun, sind verwestlichte Muslime, solche, wie Herr
Schäuble sie sich wünscht, weil er seinen Verstand
nicht gebraucht. Würde er seinen Verstand
gebrauchen, würde er verstehen, dass Terrorismus
keine muslimische Erfindung, sondern die Folge des
Einflusses gerade westlichen Denkens auf bestimmte
Muslime ist, auf solche nämlich, die gerade nicht in
der Tradition verwurzelt, sondern, vom westlichen
Lebensstil angezogen, westlicher Propaganda
gegenüber offen sind. Der Tradition des ahli s-sunna
wa l-jam'a‘t verpflichtete Muslime werden nie
Terroristen sein können. Ein Innenminister, der das
nicht versteht, sollte seinen Posten räumen oder
noch einmal die Schulbank drücken und lernen, was es
mit dem Islam wirklich auf sich hat, so er nicht
selbst zum Sicherheitsrisiko werden –
vgl.
hier
und
hier
– oder ein solches bleiben will.
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