Trauner
Moschee: Wählerquoten statt
Menschenrechte?"
Interview: Bayati, 18. März 200
Trauner Moscheestreit: Der Versuch der Behörde
die Ül Aksa Moschee am 14. März abzubrechen ist wegen des Widerstands der
Moslems missglückt. Bezirkshauptmann Doleschal hat daraufhin gewarnt, den
Abbruch mit Gendarmariegewalt zu vollziehen. Ein "Gipfeltreffen",
welches vom BH am 21.3 einberufen wurde, brachte keinen sichtlichen Erfolg.
Jetzt gibt es eine völlig neue, unerwartete Strategie der Trauner Moslems.
Interview mit Schriftsteller und
Moscheesprecher Günther Ahmed Rusznak und Peter Zöhrer von ICRF-Austria
(International Coalition for Religious Freedom - Büro für deutschsprachige Länder):
Bayati.: Herr Rusznak, als Moscheesprecher waren Sie in der Auseinandersetzung
zwischen den Moslems und der Behörde von Anfang aktiv mit dabei. Was ist Ihr
Resümee?
Rusznak: Angefangen hat die Sache sicher gleichzeitig mit dem Erscheinen des
Sudelblattes "Dialog" der hiesigen FPÖ. Mit fremdenfeindlichen
Slogans des Vizebürgermeisters hat man darin auch aufgerufen, baurechtliche Gründe
für einen Abriss der Moschee zu finden.
Der Bürgermeister ist dann sofort auf den fahrenden Zug aufgesprungen. Der
Grund liegt auf der Hand. Es ist die garantierte Mehrheit im Gemeinderat, wenn
SPÖ und FPÖ gemeinsam für eine Sache eintreten.
Natürlich musste die Vertreibung einer Moschee in ein rechtliches Mäntelchen
verpackt werden. Ich zitiere Ihnen nun nur eine typische Stelle aus den
Ablehnungsbescheiden:
"Die errichtete Waschgelegenheit (3 Kaltwasserhähne, die ordnungsgemäss
an das öffentliche Leitungsnetz und an den öffentlichen Kanal angeschlossen)
kann die sanitären und hygienischen Verhältnisse im Ort verändern."
Eine wichtige Aussage ist zu unserer Suche nach einem neuen Standort zu machen.
Wir haben uns bemüht. Wirklich bemüht. Aber stets waren wir mit zwei
Hindernissen konfrontiert.
a.) wenn etwas zu mieten oder zu kaufen war, dann ist man spätestens bei der
Erwähnung von "Moschee" oder "Türkischer Verein" auf
Ablehnung gestossen.
b.) Ist das nicht eingetreten, dann hat stets die Stadtgemeinde Traun abgelehnt.
Mir persönlich hat nur mehr der Hinweis gefehlt, dass zwei verschnupfte Türken
eine Grippeepedemie auslösen können. Wenn es der Baubehörde eingefallen wäre,
würde vielleicht auch das drinnen stehen. Und diese Bescheide wurden durch übergeordnete
Instanzen bestätigt. Einwände, Einsprüche wurden geschlossen abgelehnt. Und
irgendwann ist man dann am Ende des Instanzenweges; es bleibt nur mehr der Weg
zum Höchstgericht und das .... kostet. Es kostet eben so viel, dass wir uns das
nicht leisten konnten.
Als Baubehörde 1. Instanz muss es dem Trauner Bürgermeister klar sein, dass es
rechtlich einwandfrei ist, wenn im sogenannten Kerngebiet eine Moschee
angesiedelt ist oder wird.
Als Resümee kann daher gelten: In das Kerngebiet darf nur, wer von SPÖ und FPÖ
geduldet wird. Eine Moschee gehört da sicher nicht dazu, daher wird sie bekämpft.
Glauben Sie mir, in dieser Auseinandersetzung geht es nicht um baurechtliche
Versäumnisse einer kleinen Gruppe von Moslems. Es geht hier vielmehr um ein
Politikum und Wählerquoten. Dass dazu die Moslemgemeinde herhalten muss, stört
anscheinend kaum jemanden.
Bayati: Was werden die Moslems jetzt, nach einer klaren Absage der Behörde tun?
Rusznak: Der Vorstand der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs hat sich
entschlossen, folgende Schritte zu setzen:
Da alle Versuche gescheitert sind, die Behörden zu einer menschlichen und
rechtlich einwandfreien Behandlung unseres Falles zu bewegen, werden wir die
Moschee für die Zerstörung freigeben. Ab sofort kann die Baufirma den
Unrechtsauftrag ohne Behinderung ausführen. Nachdem die Arbeiten abgeschlossen
sind, werden wir den verbleibenden Rest aber weiter als Moschee benützen. Wir
werden diesen Standort als weiterhin rechtmässige Mieter nicht aufgeben. Es
wird eng werden. Daher werden wir für jedes Freitagsgebet und für jedes
Feiertagsgebet den in unmittelbarer Nähe liegenden Madelschenkerplatz oder die
vor der Moschee liegende Bahnhofstrasse benützen. Wir werden dies natürlich
gesetzeskonform anmelden. Wir pochen da auf unsere Grundrechte.
Bayati: Herr Zöhrer, wie beurteilen Sie diesen Konflikt aus der Sicht der
Menschenrechte, spezifisch der Religionsfreiheit?
Der Tag, an dem die Trauner Moslems ohne Gebetshaus auf der Strasse knien, wäre
wirklich ein grauer Tag für Österreich. Religionsfreiheit ist ein zentrales
Menschenrecht und das ist in unserer Verfassung verankert. In der Realität wird
es oft von den Behörden ignoriert, wie es auch die jüngsten Beispiele in Schärding
und Dornbirn zeigen.
Die Trauner Moschee ist ein weiteres trauriges Kapitel der Ausgrenzung von Ausländern
und der Verletzung der Religionsfreiheit. Drei Wasserhähne und eine Rigipswand
dienen den Trauner Politikern als (lächerlicher) Vorwand für den Abbruch eines
Teiles des Hauses, in dem die Moschee untergebracht ist. Als Österreicher bin
ich schockiert, mitzuerleben, wie Ausgrenzung Andersgläubiger praktisch
funktioniert. Zuerst lässt man zu, dass rechtliche Bestimmungen von
fremdenfeindlichen Kräften für ihre Zwecke missbraucht werden. Dann werden -
mit der Begründung der Notwendigkeit der Einhaltung der Gesetze - Menschen (mit
Gewalt) aus ihrem Gebetshaus vertrieben. Ist nicht auch das Grundgesetz ein
Gesetz? Wenn ja, warum wird es in der Diskussion um die Ül Aksa Moschee nie erwähnt?
Und wo bleibt der Minderheitenschutz, eine wichtige Säule unserer Demokratie?
Während auf lokaler Ebene vom SP-Bürgermeister mit Hilfe der
Bezirkshauptmannschaft dafür gesorgt wird, dass die Innenstadt
"sauber" bleibt, ist die Bundes-SP damit beschäftigt, gegen Jörg
Haider zu schimpfen. Bei der Zerstörung der Moschee in Traun geht es jedoch
nicht um verbale Entgleisungen, sondern um eine konkrete ausländerfeindliche
Aktion, die inzwischen innenpolitisch schon nationale Bedeutung angenommen hat.
Herr Rusznak sagt, dass Alfred Gusenbauer und andere Organisationen und
Personen, die sich gerne als Verteidiger der Ausländer und Minderheiten
profilieren, bis dato weder ein offenes Ohr, geschweige denn eine Stimme für
die Problematik der Trauner Moslems hatten. Im Gegenteil, hier wird - getarnt
als "Durchführung rechtsgültiger Bescheide" - genau das umgesetzt,
was bei der FP angeblich so verdammenswert ist. Man bekommt den Eindruck, die
Regierungserklärung (Präambel) ist nach dem Abgang der drei Weisen allmählich
wieder in Vergessenheit geraten.
Unrecht bleibt Unrecht, auch wenn es in den Mantel der Legalität gekleidet ist
und die Täter Parteifreunde sind. Offensichtlich wird hier wirklich mit
zweierlei Massstäben gemessen und gerade das macht viele unserer Politiker und
"Gutmenschen" so unglaubwürdig. Menschenrechte sollten nicht
parteipolitisch ausgeschlachtet, sondern von allen Parteien konsequent
verteidigt werden. Die traurige Realität ist, wie man am Trauner Beispiel
erkennen kann, dass es in Österreich leider noch keine authentische
"Menschenrschtspartei" gibt.
Bayati: Herr Zöhrer und Herr Rusznak, danke für
das Interview.
TRAUN: 22.3. (19:30)
>>>
Gebetsversammlung im Freien von der BH untersagt (Untersagungsbescheid)
!!!
Bilder
Mit
Baurecht gegen Moscheen
Der
Auslöser?
Die
drei gefährlichsten Wasserhähne der Nation
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